Betreff
Benennung einer öffentlichen Wegefläche im Ortsteil Bramsche - Platz vor dem Haus mit dem Glockenspiel
Vorlage
WP 21-26/0477
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt / Begründung:

Die etwa 150 m² umfassende Fläche in unmittelbarer Nähe des Einmündungsbereiches der „Eschstraße“ in die „Mühlenstraße“ wurde entsprechend des Bebauungsplanes Nr. 139 „Innenstadt IX“, in Kraft getreten am 31.01.2015, als öffentliche Verkehrsfläche gewidmet.

 

Die Benennung dieser öffentlichen Verkehrsfläche stand schon in einer früheren Wahlperiode im Januar 2015 auf der Tagesordnung einer Sitzung des Ortsrates Bramsche, seinerzeit mit dem Vorschlag „Mühlenplatz“. Eine Entscheidung darüber wurde damals zunächst vertagt, und dann vollends verworfen. Als Begründung dafür wurde unter anderem angeführt, dass man vermeiden wolle, dass die Anlieger eine neue Postanschrift bekommen würden. Es ist allerdings, selbst im Falle der Benennung des Platzes nicht zwingend nötig, den dortigen Anliegern eine neue Postanschrift zuzuordnen, da die Benennung sich nur auf den gekennzeichneten Teilbereich bezieht. Die Mühlenstraße verläuft dort weiterhin, die Anschriften existieren seit vielen Jahren, und ein Auffinden der Adressen wird durch eine Benennung des Platzes nicht erschwert.

 

Im September 2023 hatte OBM Müller die Fraktionen gebeten, sich erneut Gedanken zu einer Benennung des Platzes in der Bramscher Altstadt zu machen. Parallel dazu startete auch die lokale Presse über ihr Facebook-Profil einen entsprechenden Aufruf an die Bramscher Bevölkerung, und bat um Namensvorschläge.

 

Die Verwaltung hat aus den Namensvorschlägen folgende Auswahl getroffen:

·         Vorschlag 1: Alfred-Purmann-Platz

·         Vorschlag 2: Marie-Arning-Platz

·         Vorschlag 3: Mühlenplatz

·         Vorschlag 4: Glockenspiel-Platz

·         Vorschlag 5: Platz des Friedens

·         Vorschlag 6: Königsplatz

·         Vorschlag 7: Tuchmacherplatz

Einige eingegangene Vorschläge wurden im Vorfeld aussortiert, weil sie für ungeeignet oder unpassend erachtet wurden. 

 

Für die Benennung nach Personen mussten zunächst die Angehörigen um ihr Einverständnis gebeten werden. Die Einverständniserklärungen liegen inzwischen vor, das Vorhaben wird von den Angehörigen sogar außerordentlich begrüßt. Zu Marie Arning konnten keine Angehörigen ermittelt werden, jedoch wurde das Haus der AWO in Magdeburg bereits nach ihr benannt, so dass vorausgesetzt werden kann, dass es keine Gründe gibt, die gegen eine entsprechende Benennung in Bramsche stehen.

 

Zu Vorschlag 1, Alfred-Purmann-Platz:

In einem Rückblick auf das Wirken von Alfred Purmann bezeichnet die lokale Presse ihn als „vergessenen“ Bürgermeister von Bramsche, mit dem Hinweis darauf, dass zum Gedenken an seine Vorgänger Heinrich Beerboom und Heinrich Hofrichter bereits ein Platz und eine Straße benannt wurden. Auch er habe sich „große Verdienste um die Tuchmacherstadt erworben“, so heißt es.

Persönliches:

Alfred Purmann war von 1958 bis 1971 ehrenamtlicher Bürgermeister der Stadt Bramsche. Er wurde 1917 in Parschnitz im Riesengebirge geboren, und studierte 1936 zunächst an der Deutschen Karls-Universität in Prag Germanistik und Slawistik, sowie vergleichende Sprachwissenschaften. Alfred Purmann diente während des 2. Weltkrieges. Kurz vor Kriegsende wurde er verwundet, und geriet in Gefangenschaft, aus der er im Januar 1946 nach Detmold entlassen wurde. Dort nahm er seine Studien wieder auf und nahm an pädagogischen Lehrgängen teil.

1952 kam Alfred Purmann nach Bramsche, und begann seinen Dienst an der Bramscher Mittelschule. Seine Familie konnte er erst etwa 1 Jahr später nach Bramsche holen, bis dahin fuhr er jeden Samstag nach der Schule mit einem alten Motorrad zu seiner Frau und den Kindern nach Knetterheide.

1963 übernahm er die Leitung der Realschule, und blieb Rektor bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1983. Einen großen Teil seiner Freizeit widmete er der Kommunalpolitik und zahlreichen Ehrenämtern. 1956 wurde Purmann erstmals Mitglied des Stadtrates Bramsche und des Bersenbrücker Kreistages. Bereits 1958 wurde er Bürgermeister der Stadt Bramsche. „Nebenher“ füllte Alfred Purmann zahlreiche Ehrenämter aus (Aufsichtsratsmitglied der Bersenbrücker Kreisbaugenossenschaft; Mitarbeit im Verwaltungsrat und Kreditausschuss der Kreissparkasse; Mitglied in der Gewerkschaft „Erziehung und Wissenschaft“; beratendes Mitglied zur Programmgestaltung des Schulfunkes; Mitwirkender bei der Themenauswahl in Schulbuch-Verlagen). Darüber hinaus war er in Bramsche in verschiedenen Ausschüssen und als Schiedsmann und Schöffe tätig. Alfred Purmann starb am 17.05.1999 im Alter von 82 Jahren in Bramsche.

 

Die Informationen zu Herrn Purmann stammen größtenteils aus einem Brief von Frau Ingrid Möllenkamp, der ältesten Tochter von Herrn Purmann. Der Brief liegt dieser Vorlage nicht bei, aber Frau Möllenkamp hat ausdrücklich erlaubt, dass ihre ausführliche Beschreibung ihres Vaters jedem Mitglied des Gremiums auf Wunsch separat übermittelt werden darf.

Sie und ihre Schwester würden sich außerordentlich darüber freuen, wenn ihr Vater durch die Benennung eines öffentlichen Platzes in Bramsche für seine Dienste für die Stadt Bramsche geehrt würde.

 

Zu Vorschlag 2. Marie-Arning-Platz:

Marie Arning wurde am 19.04.1887 unter dem Geburtsnamen Kall in Bramsche geboren.

„Marie Arning war zunächst als Textilarbeiterin tätig. 1908 trat sie in die Gewerkschaft Deutscher Textilarbeiterverband ein und begann, sich in der SPD politisch zu engagieren. Von 1914 bis 1918 war sie in Duisburg für die SPD ehrenamtlich als Parteisekretärin tätig, bevor sie 1920 hauptamtliche Frauensekretärin im SPD-Bezirk Niederrhein wurde. 1922 kam sie nach Magdeburg und übernahm die Funktion einer SPD-Bezirkssekretärin für Frauenagitation und den Vorsitz des Ortsausschusses der Arbeiterwohlfahrt. Arbeitsschwerpunkt war die Fürsorge- und Erziehungsarbeit für Kinder.

1924 wurde sie als Abgeordnete in den Reichstag der Weimarer Republik gewählt, dem sie bis 1930 angehörte.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten floh Marie Arning, noch 1933, zusammen mit Gustav Ferl nach Belgien und engagierte sich im sozialdemokratischen Grenzsekretariat beim Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Im Jahr 1936 erfolgte ihre Ausbürgerung.

Nach dem Überfall des Deutschen Reichs auf Belgien wurde Marie Arning von der belgischen Fremdenpolizei verhaftet und im französischen Lager Gurs interniert. Im Herbst 1940 wurde sie wieder nach Brüssel und von der Gestapo weiter in das Magdeburger Gefängnis gebracht. Aufgrund einer schweren Herzerkrankung erfolgte im Juli 1941 wegen Haftunfähigkeit ihre Haftentlassung. Sie unterstand bis 1945 der Polizeiaufsicht, blieb jedoch in Kontakt mit anderen SPD-Mitgliedern.

Nach dem Ende der NS-Diktatur übernahm sie 1945 eine Leitungsfunktion im Arbeitsamt Magdeburg. 1946 wurde sie erneut verhaftet und verbrachte eine sechsmonatige Haftzeit in Quedlinburg. Nach ihrer Entlassung war sie dann wieder bis 1951 im Arbeitsamt Magdeburg tätig. Marie Arning starb am 12. September 1957 in Magdeburg. Im Jahr 1999 wurde das Haus der sozialen Dienste der Arbeiterwohlfahrt in der Magdeburger Thiemstraße 12 nach ihr benannt.“ (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Marie_Arning abgerufen am 09.04.2024)

Zu Vorschlag 3, Mühlenplatz:

Der Vorschlag ergibt sich aus der unmittelbaren Nähe zur Mühlenstraße und zum Mühlenort.

 

Zu Vorschlag 4, Glockenspiel-Platz:

Dieser Vorschlag ergibt sich daraus, dass das Haus mit dem Glockenspiel im Giebel unmittelbar an die Fläche angrenzt.

 

Zu Vorschlag 5, Platz des Friedens:

Hierzu gibt es keine spezielle ortsbezogene Begründung.

 

Zu Vorschlag 6, Königsplatz:

Zu diesem Vorschlag heißt es, dass es diese Bezeichnung wohl inoffiziell bereits seit vielen Jahren für diesen Platz gibt, da sich dort alljährlich der amtierende Schützenkönig mit seinem Gefolge versammelt hat. Von dort ging es dann in Begleitung des Spielmannszuges oder der Blaskapelle zum Festzelt, oder vorab durch den „Fenstersprung“ in die ehemalige Gaststätte Baum, die sich direkt gegenüber befunden hat. Gleichzeitig wird angeregt, dass auch der Möbius-Brunnen oder die „Tiergruppe“ (ehemals am Marktplatz, nun vor dem Spritzenhaus) hier einen neuen Standort finden könnten.

 

Zu Vorschlag 7, Tuchmacherplatz:

Dieser Vorschlag ergibt sich aus der Nähe zum Tuchmachermuseum, und der Gebäude, die früher von Tuchmachern bewohnt wurden.

 

Zur Benennung von Straßen, Wegen und Plätzen äußert sich der Deutsche Städtetag in seiner Publikation „Straßennamen im Fokus einer veränderten Wertediskussion“ wie folgt:

 

„Die Benennung nach einer Person stellt eine hohe Form der Ehrung durch die Stadt dar. Bei der Benennung nach Personen ist zu beachten, dass es sich um eine Person handelt, die es würdig ist, geehrt zu werden, und ein gesamtstädtisches Interesse gegeben ist, oder die Person in einem direkten räumlichen Bezug zu der zu benennenden öffentlichen Anlage steht. Eine Benennung nach noch lebenden Personen ist nicht zulässig“.

Die Wartefrist zwischen dem Ableben der zu ehrenden Person und der Straßenbenennung soll laut StAGN (Ständiger Ausschuss für geographische Namen) mindestens drei, besser fünf Jahre betragen.

 

Die Zuständigkeit des Ortsrates Bramsche für diese Beschlussfassung ergibt sich aus § 58 Abs. (2) Nr. 1 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes (NKomVG).

 

Eine Anlage mit der Darstellung der zu benennenden Fläche (in Gelb) ist beigefügt.


Beschlussvorschlag:

Die im Straßenbestandsverzeichnis von Bramsche unter der Nr. 250 eingetragene öffentliche Wegefläche vor dem Haus mit dem Glockenspiel im Bereich Mühlenstraße/Ecke Eschstraße, bestehend aus Teilbereichen der Flurstücke 299/6, 296/2, 300/4 und 376/2 der Flur 4, Gemarkung Bramsche wird folgendermaßen benannt:

 

·         Vorschlag 1: Alfred-Purmann-Platz

·         Vorschlag 2: Marie-Arning-Platz

·         Vorschlag 3: Mühlenplatz

·         Vorschlag 4: Glockenspiel-Platz

·         Vorschlag 5: Platz des Friedens

·         Vorschlag 6: Königsplatz

·         Vorschlag 7: Tuchmacherplatz

 

Die Benennung wird mit dem Tage der Bekanntmachung wirksam.