Betreff
43. Änderung des Flächennutzungsplanes - Ortsteil Epe und Bebauungsplan Nr. 178 "Zwischen Vördener Damm und Bührener Esch"
- Beschluss über die Aufhebung der Aufstellungsbeschlüsse gem. § 2 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) i.V.m. § 1 Abs. 8 BauGB
- Bezugsvorlagen WP 16-21/0843 und WP 16-21/0844
Vorlage
WP 21-26/0074
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt / Begründung:

Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt der Stadt Bramsche hat in seiner Sitzung am 02.07.2020 die Aufstellung der 43. Änderung des Flächennutzungsplanes – Ortsteil Epe und der Bebauungsplan Nr. 178 „Zwischen Vördener Damm und Bührener Esch“ im Parallelverfahren beschlossen. Ziel der Planung war die Ausweisung von Wohnbaugrundstücke und einem Standort für eine Kindertageseinrichtung (Kita) auf einer Fläche von rd. 2,2 ha im Bereich zwischen Vördener Damm und Bührener Esch (Flur 12, Gemarkung Epe). Die Aufstellungsbeschlüsse wurden am 16.07.2020 ortsüblich bekannt gemacht. 

 

Durch die Bestandserhebungen im Zuge der Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 178 „Zwischen Vördener Damm und Bührener Esch“ ergaben sich eine Vielzahl an naturschutzfachlichen, wasserwirtschaftlichen sowie geotechnischen Konflikten, welche im Falle einer Realisierung zu teilweise erheblichen Mehrkosten für die Stadt Bramsche sowie die potentiellen Bauherren führen würden.

Die folgenden Konfliktpotentiale sind hervorzuheben:

 

Baugrund

Gemäß „Baugrundgutachten Nr. 2021.1546“ vom 22.11.2021 (Geobüro Sack, Osnabrück) sowie einem „Nachtrag zum Baugrundgutachten Nr. 2021.1546“ vom 10.12.2021 (Geobüro Sack, Osnabrück) bestehen im Untergrund Schichtenfolgen, d.h. die Wechselfolge aus organischen Böden (Torf / Mudden) und Sanden im gesamten Untersuchungsgebiet (Geltungsbereich B-Plan 178).

 

Weiter heißt es in besagtem Nachtrag: „Im Hinblick auf Tiefbauarbeiten im Bereich des B-Plan-Gebietes, die zur Verlegung von z.B. Regen- / Abwasserkanälen auch Maßnahmen zur Grundwasserabsenkung erfordern, ist […] immer eine Beweissicherung für die im Wirkbereich der Grundwasserabsenkung befindlichen Bestandsbebauung notwendig. Eine Entwässerung der Torfe kann zu Baugrundsetzungen und Beeinträchtigungen von Gebäudegründungen führen.“

Das bedeutet, dass bereits bei Herstellung der Erschließungsstraßen, aufgrund der Bodenverhältnisse, von erheblichen Mehrkosten auszugehen ist. Auch in Bezug auf den Hochbau ist mit erheblichen Mehrkosten für potentielle Bauherren auszugehen, da die vorliegenden Boden- /Untergrundverhältnisse die Gründung von Gebäuden deutlich erschweren. Es ist davon auszugehen, dass ein Großteil der potentiellen Gebäudegründungen mit sog. Pfahlgründungen hergestellt werden muss. Hierfür fallen für den Bauherren Mehrkosten von bis zu 50.000 € pro Bauvorhaben an.

 

Wasserwirtschaft

Eine Entwässerung des Plangebietes ist lediglich in Verbindung mit einer Aufhöhung des Geländes möglich. Die Ableitung von Oberflächenwasser kann nur in Richtung Darnsee realisiert werden. Dieser ist jedoch Naturschutz- und FFH-Gebiet. Eine Entwässrung in den Darnsee würde somit einen erheblichen Konflikt bedeuten und ist nach Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde sowie der Unteren Wasserbehörde des Landkreises Osnabrück nur unter erheblichen Auflagen (Vorreinigung, FFH-Verträglichkeitsprüfung) möglich. Auch ein absolutes Verbot der Einleitung in den Darnsee (z.B. bei negativer FFH-Verträglichkeitsprüfung) ist demnach durchaus denkbar.

Des Weiteren sind gemäß § 23 Abs. 2 BNatSchG alle Handlungen verboten, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebietes und/oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können. Gleiches gilt für Handlungen außerhalb des Naturschutzgebietes, die sich auf das Naturschutzgebiet entsprechend auswirken.

Zudem besteht im Standarddatenbogen des FFH-Gebietes Nr. „Darnsee“ unter dem Punkt „Gefährdung/Negative Auswirkungen“ (H01.04) der Eintrag: „Diffuse Verschmutzung von Oberflächengewässern durch Überflutung oder Ablauf von versiegelten Flächen“.

 

Konflikte aus naturschutzfachlicher Sicht / Schutzgutbetrachtung

Die wesentlichen naturschutzfachlichen Konfliktpunkte wurden im Zuge der Schutzgutbetrachtung der Scoping-Unterlage zum Umweltbericht herausgearbeitet. Dies sind im Einzelnen folgende:

 

 

             Gemäß NIBIS®-KARTENSERVER (2017) des Landesamtes für Bergbau, Energie und

Geologie (LBEG) sind im Plangebiet die Bodentypen „Mittlerer Plaggenesch unterlagert von Podsol“ (östlicher Bereich) sowie „Tiefes Erdniedermoor“ (westlicher Bereich) vorhanden. Der Bodentyp „Mittlerer Plaggenesch unterlagert von Podsol“ ist in der Karte „Suchräume für schutzwürdige Böden“ (NIBIS®-KARTENSERVER 2018 a) des LBEG als „Böden mit kulturgeschichtlicher Bedeutung“ verzeichnet und somit als potenziell schutzwürdig einzustufen. Im westlichen Geltungsbereich liegt eine hohe Gefährdung der Bodenfunktionen durch Verdichtung und eine sehr hohe standortabhängige Verdichtungsempfindlichkeit vor (NIBIS®-KARTENSERVER 2017 b).

 

             Das Schutzpotenzial der grundwasserüberdeckenden Schichten wird als „gering“ angegeben

(NIBIS®-KARTENSERVER 2020 g), woraus eine hohe Empfindlichkeit des Grundwassers gegenüber Schadstoffeinträgen resultiert.

 

             In ca. 360 m nordwestlicher Entfernung liegt das Naturschutzgebiet „Darnesee“ (Kennzeichen: NSG WE 00003).

Der Darnsee ist ebenfalls als Natura 2000 Gebiet ausgewiesen. Dabei handelt es sich um das FFH-Gebiet „Darnsee“ (EU-Kennzahlen: 3531-331). Handlungen, welche zu negativen Auswirkungen oder Veränderungen dieser Schutzgebiete führen, sind gemäß Naturschutzgesetzgebung verboten. Aufgrund der räumlichen Nähe zum Darnsee und der vorherrschenden Topographie im Bereich des Plangebietes, können negative Auswirkungen auf das NSG sowie FFH-Gebiet nicht ausgeschlossen werden (vgl. Punkt „Wasserwirtschaft“).

 

             Ca. 410 m nordwestlich des Plangebietes befindet sich ein Biotop landesweiter

Bedeutung (Gebietsnummer: 3514018), welches zugleich zu einem Großteil von einem

für die Fauna wertvollen Bereich mit der Bewertungsstufe „Status offen“ (Gebietsnummer:

3514012; Schnecken, Muscheln) überlagert ist.

 

             Landschaftsplan (Karte 4): Das Plangebiet befindet sich in einem lokal wichtigen Bereich sowie in einem wertvollen Landschaftsteil („NSG “Darnsee“ und strukturreiche Kulturlandschaft nördlich Gartenstadt“). Die östlich an das Plangebiet angrenzende Baumreihe ist als Wallhecke verzeichnet. Wallhecken stehen als kulturhistorisch wertvolles Landschaftselement unter besonderem Schutz gem. § 29 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) in Verbindung mit § 22 des Nds. Ausführungsgesetzes zum Bundesnaturschutzgesetz (NAGBNatSchG) und dürfen nicht beseitigt werden.

 

             Landschaftsplan (Karte 10): Das Plangebiet wird als „Als Landschaftsschutzgebiet aktuell schutzwürdig“ sowie „Freihaltung siedlungsklimatisch wichtiger Bereiche“ dargestellt. In Bezug auf den siedlungsklimatisch wichtigen Bereich macht der Landschaftsplan (S. u A. Brandenfels, Münster; März 1995) hierzu folgende Aussage:

„Kleine, ortsnahe Wäldchen in […] Bramsche-Gartenstadt mit lokaler Ausgleichsfunktion. Luftaustausch gemindert durch starke Barrierewirkung mehrerer verkehrsbedingter Dämme.“

 

             Das vorläufig ermittelte Kompensationsdefizit beträgt ca. 21.000 WE. Dies ist aufgrund der hochwertigen Biotoptypenausstattung sowie der kulturhistorisch hochwertigen und seltenen Böden im Untersuchungsgebiet ein überdurchschnittlich hoher Wert. Zudem bestehen geschützte Landschaftsbestandteile im Untersuchungsgebiet und im unmittelbaren Umfeld.

 

Nach Abwägung der o.a. Punkte und unter Berücksichtigung der Vielzahl an Konflikten, welche sich im Zuge der ersten Erhebungen im Plangebiet ergaben, empfiehlt die Verwaltung die Einstellung des Aufstellungsverfahrens für die 43. Änderung des Flächennutzungsplanes – Ortsteil Epe sowie den Bebauungsplan Nr. 178 „Zwischen Vördener Damm und Bührener Esch“.

Einer der wesentlichen Gründe für diese Empfehlung ist die komplizierte wasserwirtschaftliche Ausgangslage (NSG u. FFH-Gebiet Darnsee). Hier liegt der Verwaltung ein Angebot für eine Wasserwirtschaftliche Voruntersuchung über 20.201,20 € (brutto) vor, welche bisher nicht beauftragt wurde. Für die weiteren wasserwirtschaftlichen Untersuchungen würden Kosten im Bereich von etwa 30.000 € anfallen. 

Auch die schwierigen Baugrundverhältnisse im Plangebiet führen zu Mehrkosten für potentielle Bauherren sowie für die Stadt Bramsche als Erschließungsträger. Aufgrund der lokalen Torflinsen im Untergrund sind Auswirkungen, wie Gebäudesetzungen oder erschwerte Gebäudegründungen bezüglich des tatsächlichen Umfanges zurzeit nicht zu kalkulieren.

Hinzu kommt eine Vielzahl an naturschutzfachlichen Konflikten, welche zwar im Einzelnen betrachtet durch entsprechende Maßnahmen im Umweltbericht kompensiert werden könnten, jedoch in der Summe zu ganz erheblichen Mehrkosten in der Planung und damit zuletzt auch für potentielle Bauherren führen würden. Bereits beauftragt wurden hier der Umweltbericht mit einer Auftragssumme von 5.604,70 (brutto) sowie die Untersuchung der Fauna (Brutvögel, Fledermäuse) mit 4.700,00 € (brutto). Bisher nicht beauftragt ist die Spezielle Artenschutzrechtliche Prüfung, welche Kosten von ca. 3.000 € verursachen würde. Im Zuge der Umsetzung kommt es durch die vergleichsweise hohe Biotopausstattung im Plangebiet zu einem deutlich höheren Kompensationsdefizit, welches zudem aufgrund spezieller Biotoptypen (Feuchtgrünland) nicht vollständig durch das Wegerandstreifenprogramm ausgeglichen werden kann. Durch die Kompensation der Eingriffe in Natur und Landschaft kann daher mit Mehrkosten von 70.000 bis 100.000 € gerechnet werden.

 

Das Bauleitplanverfahren zeichnet sich bereits zum jetzigen Stand der Planung als unwirtschaftlich für die Stadt Bramsche ab, zumal zu einem späteren Zeitpunkt dem gesamten Verfahren durch eine negative FFH-Verträglichkeitsprüfung im Hinblick auf das FFH-Gebiet „Darnsee“ die Einstellung droht. Eine ähnliche Erfahrung musste die Stadt Bramsche bereits im Bauleitplan-Verfahren Nr. 147 „Industriegebiet Am Flugplatz“ machen. Die Aufhebung des Bauleitplanverfahrens ist somit notwendig, um weitere unnötige und zudem schwer kalkulierbare Kosten zu vermeiden.

 

Alternativenprüfung

Nach § 15 (1) BNatSchG sind Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu vermeiden. Dazu zählt auch die Prüfung von zumutbaren Alternativen, des mit dem Eingriff verfolgten Zweckes am gleichen Ort ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft. Im vorliegenden Bauleitplanentwurf sollen Freiflächen beansprucht werden, welche unter anderem als siedlungsklimatisch wichtiger Bereich für einen lokalen Luftaustausch unter anderem für das im unmittelbaren Nahbereich gelegene Baugebiet „Im blauen Wunder“ sorgen.  Somit werden wichtige siedlungsklimatische Freiräume zerschnitten. Auch aus städtebaulicher Sicht wird eine weitere Ortsrand-Arrondierung über die Straße „Bührener Esch“ hinaus als nicht sinnvoll erachtet. Auch in der Neuaufstellung des Flächennutzungsplanes wird der Fokus eher auf eine Nachverdichtung als auf weitere Ortsrandarrondierung gelegt.

Da mit der Beschlussvorlage WP 21-26/0077 ein neuer Standort für die Errichtung einer Kita ausgewiesen werden soll, ist eine Prüfung von Alternativen mit dem Fokus auf diesen benötigten Kita-Standort erfolgt. Die 3. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 103 „Im blauen Wunder“ sieht nördlich des bestehenden Schulstandortes an der Malgartener Straße / Bührener Esch die Errichtung einer Kita und eines Dirtparks vor, sodass der Wegfall des Kita-Standortes durch den vorliegenden Aufhebungsbeschluss an dieser Stelle kompensiert werden kann.

Es wird beabsichtigt, die, innerhalb des Geltungsbereiches nicht zu realisierende Wohnbebauung im Rahmen von Nachverdichtungen in Bebauungsplänen der Gartenstadt mittel- bis kurzfristig zu kompensieren.

 

Die Verwaltung empfiehlt, für die 43. Änderung des Flächennutzungsplanes – Ortsteil Epe und für den Bebauungsplan Nr. 178 „Zwischen Vördener Straße und Bührener Esch“ einen Aufhebungsbeschluss gem. § 2 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 1 Abs. 8 BauGB zu fassen und die Aufstellungsverfahren einzustellen.

 


Beschlussvorschlag:

  1. Der Aufstellungsbeschluss für die 43. Änderung des Flächennutzungsplanes – Ortsteil Epe wird gem. § 2 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 1 Abs. 8 BauGB aufgehoben. Das Aufstellungsverfahren wird eingestellt.

 

  1. Der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 178 „Zwischen Vördener Damm und Bührener Esch“ wird gem. § 2 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 1 Abs. 8 BauGB aufgehoben. Das Aufstellungsverfahren wird eingestellt.

 

  1. Der deckungsgleiche Geltungsbereich liegt in der Flur 12 der Gemarkung Epe und ist im beiliegenden Kartenausschnitt kenntlich gemacht.