Betreff
Darstellung der städtischen Wohnsituation und Diskussion von Handlungsoptionen
Vorlage
WP 16-21/0657
Art
Mitteilungsvorlage

Sachverhalt / Begründung:

 

Vorbemerkung:

Mit Vorlage 558 hat die SPD-Fraktion im Stadtrat eine Analyse der städtischen Wohnsituation im Rahmen einer zusätzlichen Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung gefordert. Im Rahmen dieses

Antrages geht es –auch- um das Für und Wider der Gründung einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft. Dieser Punkt wird im Rahmen dieser Vorlage nicht abschließend behandelt werden können, es werden allerdings Zahlen und Fakten geliefert sowie Fragen aufgeworfen, die der Politik Hilfestellung für eine Annäherung an das Thema und Entscheidungshilfe geben sollen. Die Verwaltung legt somit bewusst keine Beschlussvorlage, sondern eine Mitteilungsvorlage vor, die sicherlich in den Fraktionen weiter zu diskutieren ist.

Ergänzend zu den vorgelegten schriftlichen Informationen hat die Verwaltung mit Herrn Dipl.-Ing. Andreas Jürgens einen der Geschäftsführer der Concunia Unternehmensgruppe aus Münster eingeladen, um über Rahmenbedingungen der Gründung einer Wohnungsbaugesellschaft zu referieren. Die Concunia hat im Auftrag der Stadt eine exemplarische Untersuchung unterschiedlicher Gebäudetypen zur Ermittlung der kostendeckenden m²-Miete nach geplanter Grundsanierung vorgenommen. Dieser Bericht stand nicht im Zusammenhang mit dem hier behandelten Thema, allerdings sind der Concunia insofern einige Rahmenbedingungen in der Stadt Bramsche bekannt.

 

Darstellung der aktuellen Situation in Bramsche

Den Ratsmitgliedern liegt ein von der Verwaltung beauftragtes Gutachten der CIMA (Stand Januar 2018) über eine Bevölkerungs-, Haushalts- und Wohnraumbedarfsprognose für die Stadt Bramsche bis 2035 vor. Die Untersuchungsergebnisse wurden in der Sitzung des Fachausschusses am 08.02.2018 präsentiert. Das Gutachten verfeinert die Ergebnisse des Wohnraumversorgungskonzeptes des Landkreises Osnabrück aus dem Jahre 2017 und soll als eine Grundlage für die Erarbeitung des neuen FNP dienen und den Wohnraumbedarf, heruntergebrochen auf verschiedene Bereiche der Stadt Bramsche, darstellen. Als Konsequenz (auch) dieser Untersuchung (auch der neue Verkehrsentwicklungsplan und der aufzustellende Landschaftsplan sind heranzuziehen) beabsichtigt die Bauverwaltung dem Stadtrat ein Leitbild für die städtebauliche Entwicklung der Stadt in den nächsten 15-20 Jahren vorzulegen, das Eingang in den Beschluss über den neuen Flächennutzungsplan finden soll. Nachfolgend werden die wichtigsten Ergebnisse des CIMA-Gutachtens stichwortartig zusammengefasst. Die Quintessenz des Gutachtens ist der Vorlage als Anlage beigefügt.

Zusammengefasste Ergebnisse der CIMA:

Die Stadt Bramsche verfügt über ca. 13.600 Wohnungen, davon 23 % (= ca. 3.000 WE) in Mehrfamilienhäusern. Niedersachsenweit beträgt der Anteil der Wohnungen in Mehrfamilienhäusern (nachfolgend MFH) ca. 40 %. Die Siedlungsstruktur der Stadt ist folglich stark auf Ein- und Zweifamilienhäuser (nachfolgend EZFH) ausgerichtet. Im Geschoßwohnungsbau sind in Bramsche 80 % der Wohnungen vermietet, bei EZFH rd. 1/3. Da der Bramscher Wohnungsmarkt von EZFH dominiert wird, überwiegen naturgemäß große Wohnungen am Markt. Nur 38 % der Wohnungen gelten als kleine Wohnungen.

2/3 aller Bramscher Haushalte weisen nur 1 oder 2 Personen auf, der Landesdurchschnitt liegt hier bei 55 %.

Ø  Die Anzahl kleiner Wohnungen liegt in Bramsche unter der Zahl kleiner Haushalte.

Ø  Viele Senioren wohnen in EFH.

Wohnungsgrößen:

< 60 qm:                 9 %

60-79 qm:            15 %

80-119 qm:          34 %

120-159 qm:       29 %

> 160 qm:            13 %

 

Die Bevölkerungsentwicklung in Bramsche von 2017 – 2035 ist als stabil einzuschätzen!

2017: 30.248 EW                                                                                                                                                                                  2035: 30.655 EW

Ø  Entwicklung der Einwohnerzahl ist günstig.

Ø  Anteil älterer Menschen (60+) wird deutlich ansteigen

Ø  Einwohnerzahl lässt keine direkten Schlüsse auf die Wohnungsnachfrage zu. Entscheidend ist die wohnungsmarktrelevante Einwohnerzahl, das ist die Bevölkerung in Privathaushalten. Diese wird bis 2035 um 2 % steigen, also stärker als die Einwohnerzahl (+ 1,4 %).

Die Zahl der Haushalte steigt in Bramsche bis 2035 um 9 % auf rd. 14.800

Ø  Kräftiger Anstieg kleiner Haushalte mit 1 oder 2 Mitgliedern

Ø  1-Personen-Haushalte: + 24,5 %

Ø  2-Personen-Haushalte: + 10,8 %

Quantitative Wohnungsnachfrage bis 2035: es werden  rd. 1.600 zusätzliche WE bis 2035 benötigt, davon

Ø  Ca. 1.300 WE als demographisch bedingter Neubau

Ø  Ca. 300 WE Ersatzbedarf

Ø  Ca. 600 WE von den genannten ca. 1.600 sind in MFH nachzuweisen

Ø  Bei einem Prognosehorizont von 15 Jahren sind das ca. 40 Wohnungen in MFH/a, die neu zu schaffen sind.

Ø  Bei Umsetzung dieser Zielzahl ist eine deutliche Veränderung der Siedlungsstruktur in Bramsche erforderlich/zu erwarten, da der Neubaubedarf in EZFH nur um 17 % steigt, bei Wohnungen in MFH mit 38 % deutlich stärker.

Ø  Dies erfordert weiterhin ein Umsteuern in der städtischen Baulandpolitik, und zwar

Ø  Abkehr von der überwiegenden Ausrichtung auf den Bau von EZFH, wobei dies nicht bedeutet, dass zukünftig keine Baugrundstücke für EZFH mehr angeboten werden sollen, sondern die Anzahl der Mehrfamilienhäuser im Stadtbild deutlicher hervor treten wird (Beispiel Bahnhofsumfeld, Breslauer Straße, Penter Weg).

Ø  Konzentration der Siedlungsentwicklung im Mehrfamilienhausbau auf den Zentralort Bramsche Mitte.

Diese Schlussfolgerungen/Thesen sind bei Neuaufstellung des Flächennutzungsplanes intensiv zu diskutieren.

 

Thema Sozialwohnungen/bezahlbarer Wohnraum: nach Angaben des Fachbereiches 3 (Nachfrage beim Landkreis OS) sind im Jahre 2018 insgesamt 53 Wohnberechtigungsscheine (WBS) für Bramscher Bürger ausgestellt worden, in 2017  waren es 48. Der „allgemeine WBS“ für Wohnungssuchende ist für 1 Jahr gültig; wird er konkret für ein neues Mietverhältnis ausgestellt, dann läuft die Gültigkeit, solange das Mietverhältnis besteht.  Die Verwaltung geht davon aus, dass die Zahl der Bedarfsgemeinschaften nicht einfach auf dieser Basis bis 2035 fortgeschrieben werden kann. Es ist davon auszugehen, dass auch Bürger aus der Gruppe der Berechtigten ausscheiden. Ebenso steht zu vermuten, dass WBS-Inhaber auch in Nicht-Sozialwohnungen wohnen. Die CIMA hat in ihrem Gutachten die Nachfrage nach Wohnungsgrößen über alle Wohnformen (Wohnungen in EZFH sowie MFH) wie folgt prognostiziert:

Ø  Besonders deutlicher Anstieg der Nachfrage bei Wohnungen mit 60 -79 qm (+ 17 %)

Ø  Größte Neu- und Ersatzbedarfe entfallen auf Wohnflächen mit 80 – 119 qm.

Wesentliche Schlussfolgerungen des CIMA-Gutachtens sind als Anlage beigefügt.

Der Landkreis hat sein Wohnraumversorgungskonzept um einen Baustein „Bezahlbarer Wohnraum“ ergänzt und sog. „Steckbriefe“ für einzelne Städte und Gemeinden erstellt (siehe Anlage). Hier ist im Hinblick auf den Bedarf an Sozialwohnungen in Bramsche folgendes ausgesagt:

Ø  Anstieg der Bedarfsgemeinschaften/Sozialwohnungsberechtigten (Wohnbedarf im Wesentlichen in MFH nachzuweisen) von 2010-2016 um 7,86 %, bei Fortschreibung bis 2035 ergeben sich 1.384 Bedarfsgemeinschaften.

Ø  Aufgrund von Zahlen des VdW/der NBank prognostiziert der Landkreis, dass bis 2035 jährlich 39 „bezahlbare“ Wohnungen errichtet werden müssten. Ohne dass dies explizit in der Untersuchung des Landkreises niedergelegt ist, geht die Verwaltung davon aus, dass dieser Bedarf überwiegend in MFH abzubilden ist. In der Untersuchung des Landkreises ist nicht dargelegt, wie diese Zahl hergeleitet wird. Die Verwaltung versteht die unterschiedlichen Zahlen des Landkreises, der NBank und des VdW so, dass diese in der Untersuchung einfach nebeneinander gestellt sind. Aus Sicht der Verwaltung ist anzuraten, dass den Kommunen jährlich aktuelle Zahlen über die Entwicklung der Bedarfsgemeinschaften zur Verfügung gestellt werden, um daraus Rückschlüsse auf die Notwendigkeit des Errichtens geförderten Wohnraumes herleiten zu können.

 

Diese vorstehend genannte Zahl aus dem Gutachten des Landkreises entspricht fast exakt der Zahl aus dem CIMA-Gutachten der Stadt. Die Verwaltung geht allerdings nicht davon aus, dass alle in Bramsche zukünftig zu schaffenden Wohnungen in MFH Wohnungen für Bedarfsgemeinschaften sein müssen. Vermutlich stoßen die Prognosegenauigkeiten beider Gutachten irgendwann an ihre Grenzen (siehe Anmerkungen oben). Aus Sicht der Verwaltung gibt die Untersuchung des Landkreises gleichwohl den Hinweis, bei Schaffung von Mehrfamilienhäusern das Thema „geförderter Wohnungsbau“ zu berücksichtigen. Dies deckt sich annähernd mit der Zahl der in Bramsche ausgestellten WBS. Die von der Verwaltung vorgeschlagene Verteilung der Wohnungen beim Investorenwettbewerb „Breslauer Straße“ (40 % der Wohnungen als geförderter Wohnraum) scheint offensichtlich nicht am Bedarf vorbei geplant zu sein.

Aktivitäten Landkreis, Land, Bund

Landkreis: Auch der Landkreis hat die Notwendigkeit erkannt, Rahmenbedingungen für den Bau von Wohnungen zu verbessern. Als Konsequenz des durch den Landkreis beauftragten Wohnraumversorgungskonzeptes hat der Kreistag beschlossen, das Eigenkapital der Baugenossenschaft (BGLO) über eine Finanzspritze zu stärken und dadurch mittelbar den Bau von Mietwohnungen zu unterstützen. Weiterhin hat der Landkreis im Mai 2019 einen „Fonds für bezahlbaren Wohnraum und städtebauliche Entwicklung“ aufgelegt. Dieser Fonds hat einen Umfang von 1,5 Mio. €. Aus dem Fonds sollen je zur Hälfte Maßnahmen zur direkten und indirekten Grundstücksverbilligung sowie Maßnahmen zur Siedlungsentwicklung gefördert werden. Ob die in der Richtlinie formulierten Rahmenbedingungen/Voraussetzungen praxisnah sind, wird sich in der Umsetzung zeigen. Es ist jedenfalls grundsätzlich als positiv anzuerkennen, dass der Landkreis die Schaffung preiswerten Wohnraums finanziell fördern möchte.

 

Aktivitäten Land und Bund

Zu den Aktivitäten des Landes Niedersachsen ist zunächst auszuführen, dass das Land über die NBank die Herstellung von Wohnraum für bestimmte Anspruchsberechtigte (Haushalte mit geringem Einkommen, Familien, Behinderte) oder auch die Modernisierung vorhandenen Wohnraums fördert. Einen Überblick über Fördermöglichkeiten hat die Verwaltung in der Vorlage 11-16/935 gegeben.

Das Land Niedersachsen hat im März 2018 ein Bündnis für bezahlbares Wohnen mit dem Ziel ins Leben gerufen, Lösungen für die Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum zu entwickeln. Es wurden 5 Arbeitsgruppen gebildet, die zwischenzeitlich zu den Themen „Förderung“, „Grundstücke“, „Öffentliche Bauvorschriften“, „Gebäude, Planung, Handwerk“, und „Entwicklung im Bestand“ Ergebnisse vorgelegt haben. Die Ergebnisse sind der Vorlage als Anlage beigefügt.

 

Als einen ersten Schritt hat das Land Niedersachsen mit Datum vom 01.07.2019 die Wohnraumförderrichtlinien für den Mietwohnungsbau angepasst und die Fördermöglichkeiten deutlich verbessert. Die Richtlinie ist in Zusammenfassung als Anlage beigefügt. Im Vergleich mit der bisher geltenden Richtlinie ist die aktuelle Fassung als deutlicher Fortschritt anzusehen, da die finanziellen Fördermöglichkeiten erheblich verbessert wurden und die Richtlinie selbst wesentlich detaillierter ist.

 

Als Aktivität des Bundes ist die gemeinsame Wohnraumoffensive von Bund, Ländern und Kommunen zu nennen, die auf dem sog. „Wohngipfel“ am 21. September 2018 verabschiedet wurde.         

Ergebnisse (auszugsweise):

Ø  5 Mrd. € Bundeshilfen für sozialen Wohnungsbau

Ø  Baukindergeld

Ø  Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau

Ø  Einsetzung einer Expertenkommission „Baulandmobilisierung“

Ø  Novelle des Baugesetzbuches geplant

Ø  Verbilligte Abgabe öffentlicher Liegenschaften

Ø  Harmonisierung des Bauordnungsrechts (Bauordnungsrecht obliegt den Ländern)

Ø  Serielles Bauen vorantreiben.

Details sind im Internet unter  https://www.die-wohnraumoffensive.de/ nachzulesen.

 

Die Bundesregierung hat die v.g. Expertenkommission „Baulandmobilisierung“ eingesetzt, die als „Baulandkommission“ am 02.07. 2019 ihre Empfehlungen –nachfolgend in Stichworten dargestellt- vorgelegt hat:

Ø  Bund, Länder und Kommunen sollen eigene Liegenschaften vergünstigt für bezahlbaren Wohnraum bereitstellen;

Ø  Den Kommunen soll ermöglicht werden, beim Verkauf von Liegenschaften von Höchstpreisvergaben abzuweichen;

Ø  Stärkere Nutzung von Konzeptvergaben als Steuerungsinstrument für preiswerte Wohnraumerstellung;

Ø  Vergabe von Erbbaurechten als ergänzendes Instrument zur Bereitstellung preiswerten Baulandes;

Ø  Kommunale Bodenvorratspolitik bei gleichzeitigem Erfordernis adäquater finanzieller Handlungsmöglichkeiten. Empfehlung an die Länder, Kommunen entsprechend zu fördern;

Ø  Stärkere interkommunale Zusammenarbeit und Koordinierung bei der Wohnbaulandentwicklung;

Ø  Vorrang der Innen- vor der Außenentwicklung als grundlegendes Prinzip der städtebaulichen Entwicklung;

Ø  Verschiedene Empfehlungen zur Überarbeitung des BauGB (Bundesgesetzgeber gefordert);

Ø  Verstärktes finanzielles Engagement des Bundes und der Länder zur Reaktivierung von Brachflächen;

Ø  Empfehlung für Einführung höherer Hebesätze der Grundsteuer für bebaubare, aber unbebaute Grundstücke;

Ø  Empfehlung zur Senkung der Grunderwerbsteuersätze (Länderhoheit);

Ø  Einführung von Grunderwerbsteuerfreibeträgen bei erstmaligem Erwerb von Baugrundstücken;

Ø  Verbesserung des Prozessmanagements bei der Baulandbereitstellung (Planungsprozesssteuerung in Kommunen, Digitalisierung, Personalausstattung);

Ø  Verbesserung des Datenbestandes für Analyse und Markttransparenz.

 

Soweit in Kurzform die Vorschläge der Baulandkommission, die natürlich organisatorisch von einzelnen Gebietskörperschaften, Bundesländern oder dem Bund umgesetzt werden müssen. Der gesamte Bericht ist der Vorlage als Anlage beigefügt.

 

Wertung

Die bei der Stadt vorliegenden Zahlen belegen, dass ein Handlungsbedarf in der Stadt besteht, Mietwohnraum zu schaffen. Dieser Mietwohnraum ist sinnvollerweise in Mehrfamilienhäusern unterzubringen. Dabei weisen Wohnungen mit 60-79 qm voraussichtlich die höchsten Steigerungsraten in der Nachfrage aus. Nach dem von der Stadt beauftragten CIMA-Gutachten sind bis 2035 rd. 40 WE/a zu schaffen, der Landkreis geht in seiner Analyse über den Bedarf „bezahlbarer“ Wohnungen davon aus, dass jährlich 39 Wohnungen dieses Typus geschaffen werden müssen. Somit dürfte die Zahl insgesamt in MFH neu zu schaffender Wohnungen/a noch oberhalb dieser Zahlen  liegen.

Die Politik will sich der Frage stellen, ob dem unstreitig vorhandenen Bedarf an preiswertem Wohnraum dadurch besser entsprochen werden kann, wenn eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft/-genossenschaft gegründet wird und damit die öffentliche Hand selbst oder eine von ihr geleitete Gesellschaft notwendigen Wohnraum schafft. Zu den grundsätzlichen Rahmenbedingungen, auch unter Berücksichtigung des städtischen Wohnungsbestandes, wird der Vertreter der Concunia vortragen. Aus Sicht der Verwaltung wird nachfolgend dargestellt, welche Herausforderungen im Hinblick auf die Schaffung von Wohnraum in den nächsten Jahren vor der Stadt stehen.

Der Investorenwettbewerb für die Breslauer Straße ist erfolgreich abgeschlossen worden. Ein Baubeginn für die avisierten 58 WE ist für Okt. 2020 geplant, wobei 40 % der errichteten Wohnungen als Wohnraum mit Belegungsbindung geplant sind. Dieser Investorenwettbewerb ist als qualitativ ausgerichtetes Vergabeverfahren (Konzeptvergabe) durchgeführt worden und hat damit praktisch ein Ergebnis der vom Bund eingesetzten Baulandkommission vorweggenommen.

Ebenfalls in 2020 können weitere Grundstücke für Mehrfamilienhausbebauung an den Markt gebracht werden. Die Stadt kann im Bereich des „Penter Weges“ ca. 5.850 qm Grundstücksfläche für Mehrfamilienhausbebauung erwerben. Diese Fläche entspricht in etwa dem Wettbewerbsgebiet an der Breslauer Straße, wenn der Spielplatz und die zukünftige Platzfläche abgezogen werden. Also könnten auch am Penter Weg um die 60 WE zur Realisierung kommen. Dies könnte ab 2021 erfolgen. Ob die Vergabe wieder über einen Investorenwettbewerb oder alternativ über eine Konzept-Ausschreibung erfolgt, ist noch zu diskutieren. Auf jeden Fall wird die Verwaltung vorschlagen, den Investoren beim Verkauf  Rahmenbedingungen für den zu realisierenden Mietwohnungsbau zu setzen.

Parallel arbeitet die Verwaltung an der Umsetzung der Wettbewerbsergebnisse für das Bahnhofsumfeld. In diesem Stadtumbaugebiet soll schwerpunktmäßig ebenfalls mit Mehrfamiliengebäuden geplant werden. Im Stadtumbaugebiet können bis zu 400 WE neu geschaffen werden, die nach dem Wettbewerbsentwurf zu mehr als 90 % in MFH untergebracht werden. Dieser Prozentanteil wird im Rahmen der Überarbeitung vermutlich etwas nach unten korrigiert, sodass von vlt. 250 – 300 WE in MFH ausgegangen werden kann. Nach jetzigem Kenntnisstand kann die Realisierung eines ersten Abschnitts ab 2021/2022 ins Auge gefasst werden. Der Wettbewerbsentwurf befindet sich z.Zt. in Überarbeitung und Konkretisierung.

Mit den vorstehend beschriebenen Bauflächen kann der Bedarf an Wohnungen in MFH in den nächsten Jahren vorrangig bedient werden. Einzelbauvorhaben innerhalb des Stadtgebietes, vorrangig im Bereich Gartenstadt/Innenstadt, sind nicht mit erfasst. Ebenfalls noch nicht erfasst bzw. näher untersucht sind die Möglichkeiten, die sich für eine Ausweisung weiterer Bauflächen ergeben, sollte das Möbelhaus seinen Standort aus der Gartenstadt verlagern.

Wenn die Zahlen der Untersuchungen des Landkreises und der Stadt sich als richtig erweisen, sind bei der Diskussion über das Für und Wider der Gründung einer Wohnungsbaugesellschaft folgende Fragen zu beantworten:

Ø  Rechtfertigt der Bedarf an zusätzlichen Wohnungen die Gründung einer stadteigenen Wohnungsbaugesellschaft?

Ø  Welche Gründe sprechen dafür, dass eine von der Stadt betriebene Wohnungsbaugesellschaft den berechneten Bedarf eher abdecken könnte, als private Investoren?

Ø  Ist die Zahl der vom Landkreis ausgestellten WBS ein hinreichendes Signal, dass überwiegend Wohnraum in MFH für WBS-Inhaber geschaffen werden muss? Wenn ja, kann dies nur durch die Öffentliche Hand erfolgen, oder gibt es weitere Möglichkeiten der Steuerung?

Ø  Wie beurteilt die Politik das Steuerungsinstrumentarium, das der Stadt bei Wettbewerben oder im Zuge von Konzeptausschreibungen (qualitativ ausgerichtetes Vergabeverfahren) an die Hand gegeben wird?

Ø  Kann die Stadt für eine ausreichende Kapitalausstattung der Wohnungsbaugesellschaft sorgen, da diese den Vorschriften des kommunalen Wirtschaftsrechts unterliegt (§§ 136 ff NKomVG)? Das zu gründende Unternehmen muss in einem angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Kommune stehen.

Grundsätzlich ist es Aufgabe der Verwaltung, über Planung und Ausschreibung positive Rahmenbedingungen für Investoren zu schaffen. In diesem Zuge ist es durchaus möglich, Einfluss dahingehend auszuüben, dass möglichst preiswerter Wohnraum in Bramsche vorgehalten werden kann, insbesondere durch moderate Grundstückspreise, aber auch durch Beschränkung energetischer Standards auf das vom Gesetzgeber geforderte Minimum (EnEV-Standard). Die Bauverwaltung schlägt vor, beim nächsten Vergabeverfahren darüber zu diskutieren, ob der anzustrebende Verkaufspreis deutlicher reduziert werden soll  als  im Bereich der Breslauer Straße, um das Interesse von Investoren zu wecken und ein (gewisses) Gegengewicht zu den z.Zt. hohen Herstellungskosten zu schaffen. Zudem kann über quartiersbezogene Energieversorgungskonzepte auch Einfluss auf die Nebenkosten ausgeübt werden. Keinen Einfluss hat die Stadt auf gesetzliche Standards in Normen und Gesetzen, die das Bauen unzweifelhaft verteuern. Hier sind die jew. Gesetzgeber gefordert, Vorschläge der Baulandkommission zu prüfen. Auf europäischer Ebene sollte darauf hingewirkt werden, die Entwicklung von Bauland nicht durch weitere Umweltauflagen zusätzlich zu erschweren und damit zu verteuern. Aus Sicht der Verwaltung sollte auch der Ansatz, über ein qualitativ ausgerichtetes Vergabeverfahren Rahmenbedingungen für Grundstücksverkäufe vorzugeben, beibehalten und ggfs. verfeinert werden. Die Bauverwaltung wird dazu bei den nächsten anstehenden Vergabeverfahren Vorschläge vorlegen.

Ein ganz wichtiger Schritt in die richtige Richtung sind zudem aus Sicht der Verwaltung die Regelungen der überarbeiteten Förderrichtlinie des Landes Niedersachsen für den Mietwohnungsbau. Zu dem Paket gehören höhere Fördersätze, die Anhebung der berücksichtigungsfähigen Gesamtkosten und höhere Tilgungsnachlässe. Diese Richtlinie kann Investoren, die in den geförderten Wohnungsbau einsteigen wollen, deutlich unterstützen und dem Mietwohnungsbau einen deutlichen Schub geben.