Sachverhalt / Begründung:
Nach dem Niedersächsischen Kindertagesstättengesetz
(Nds. KiTaG) ist die Betreuung von Kindern, die das dritte Lebensjahr vollendet
haben, in Kindertagesstätten bis zu einer Betreuungszeit von acht Stunden
täglich beitragsfrei. Entgelte können danach weiterhin für die Betreuung von
Kindern unter drei Jahren erhoben werden, die in Krippen oder in
altersgemischten Kindergartengruppen betreut werden. Gleiches gilt für Kinder
nach Vollendung des dritten Lebensjahres für die acht Stunden täglich
überschreitende Betreuungszeit.
Mit dem sogenannten Gute-Kita-Gesetz ist
gleichzeitig auch das Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) geändert worden.
Nach § 90 Abs. 3 SGB VIII sind Kostenbeiträge für die Kinderbetreuung jetzt zu
staffeln. Als Kriterien für die Staffelung können insbesondere das Einkommen
der Eltern (ohne das Baukindergeld), die Anzahl der kindergeldberechtigten
Kinder in der Familie und die tägliche Betreuungszeit des Kindes berücksichtigt
werden. Weitere Kriterien können berücksichtigt werden. Die Gesetzesänderung
tritt am 01.08.2019 in Kraft.
In der Gesetzesbegründung heißt es dazu:
Erstens
wird im Vergleich zu der bisher geltenden Regelung des § 90 Abs. 1 Satz 1 SGB
VIII eine bundesweite Pflicht
zur Staffelung von Kostenbeiträgen eingeführt. Die bislang existierende Option für die Länder,
aufgrund von Landesrecht von Staffelungen abzusehen, entfällt. ……… Insbesondere ist bei der Festlegung von
Kriterien zur sozialen Staffelung darauf zu
achten, dass Familien mit kleinen und mittleren Einkommen nur proportional zu
ihrer wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit belastet werden.
Bisher sah das Nds. KiTaG in seinem § 20 Abs. 1
lediglich eine Sollvorschrift zur Staffelung der Kostenbeiträge vor, weshalb in
vielen Gemeinden und auch in der Stadt Bramsche einkommensunabhängige Kostenbeiträge
erhoben wurden. Diese sind in Bramsche seit 2015 unverändert und belaufen sich,
abhängig von der Zahl der täglichen Betreuungsstunden, auf einen Grundbetrag
von 135 € für eine 4-stündige Betreuung zuzüglich je 16,50 € für jede weitere
halbe Betreuungsstunde (entspricht somit z. B. 168 € für 5 Stunden täglich). Da
die Kindertagesstättenbeiträge im Gegensatz zu den Tagespflegeentgelten, für
die der Landkreis gesetzlich zuständig ist, von jeder Gemeinde festgelegt
werden, bestehen hier zurzeit erhebliche Unterschiede. In den
Landkreisgemeinden, in denen bereits
nach dem Einkommen gestaffelte Kostenbeiträge erhoben werden, liegen die Spannen für eine
fünfstündige Betreuung zurzeit zwischen 80 €
und 170 € in der Gemeinde mit den niedrigsten Beiträgen und zwischen 159 und
333 € in der Gemeinde mit den höchsten Beiträgen. In Gemeinden ohne
Einkommensstaffel liegt die Spanne zwischen 122 € und 197 € für eine 5-stündige
Betreuung. Diese erheblichen Beitragsunterschiede bei – schon wegen der
gesetzlich vorgegebenen Rahmenbedingungen - weitgehend vergleichbarem
Betreuungsangebot legen es nahe, eine Angleichung der Beiträge anzustreben. Der
dieser Vorlage anliegende Vorschlag für eine nach dem Einkommen gestaffelte
Beitragserhebung ist von einer Arbeitsgruppe
aus Vertretern mehrerer Landkreisgemeinden und des Jugendamtes des
Landkreises entwickelt worden, die auf
Initiative der Bürgermeisterkonferenz gebildet worden ist und in der die Stadt
Bramsche mitgewirkt hat. Der Vorschlag beinhaltet neben einer Einkommensstaffel
auch weiterhin eine Ermäßigung für
Geschwisterkinder, sofern diese ebenfalls beitragspflichtig in einer
Kindertagesstätte betreut werden. Er soll insbesondere den Gemeinden als Empfehlung
dienen, die zum 01.08.2019
einkommensgestaffelte Beiträge einführen. Im Interesse der Eltern, denen
die bestehenden Beitragsunterschiede schwer zu vermitteln sind, wäre eine
weitere Angleichung der Beiträge in den Landkreisgemeinden, wie sie
vergleichbar bei den Entgelten für die Tagespflege bereits besteht, sicherlich
sinnvoll.
Auf Bramsche bezogen ergibt sich für mittlere
Einkommen eine maßvolle Erhöhung von zurzeit 168 € auf 175 € (bei Einkommen bis
50.000 €) bzw. 200 € (bei Einkommen bis 60.000 €) bei 5-stündiger Betreuung,
welche dem Regelfall entspricht. Im Interesse einer möglichst einfachen und
eindeutigen Bestimmbarkeit wird das zu versteuernde Einkommen im Sinne des
Einkommensteuergesetzes (unter Abzug der Kinderfreibeträge und des
Baukindergeldes) als maßgeblich zugrundegelegt.
Zur Veranschaulichung siehe folgende
Berechnungsbeispiele für Betreuungszeiten bis zu 8 Stunden täglich, die aber
bei Krippenkindern sicher die Ausnahme bleiben werden:
Ein-kom-mens-stufe |
Zu versteuerndes Familien- einkommen |
Monatlicher Elternbeitrag |
Zusätzlicher EB pro 30 Min. |
||||
4 Std. |
5 Std. |
6 Std. |
7 Std. |
8 Std. |
|||
I |
bis 30.000 €
|
100 € |
125 € |
150 € |
175 € |
200 € |
12,50 € |
II |
30.001 € bis 40.000 € |
120 € |
150 € |
180 € |
210 € |
240 € |
15,00 € |
III |
40.001 € bis 50.000 € |
140 € |
175 € |
210 € |
245 € |
280 € |
17,50 € |
IV |
50.001 € bis 60.000 € |
160 € |
200 € |
240 € |
280 € |
320 € |
20,00 € |
V |
60.001 € bis 70.000 € |
180 € |
225 € |
270 € |
315 € |
360 € |
22,50 € |
VI |
über 70.000 € |
200 € |
250 € |
300 € |
350 € |
400 € |
25,00 € |
Geschwisterermäßigung: 50 % Ermäßigung für Geschwisterkinder, die eine
Tageseinrichtung nach § 1 Abs. 2 KitaG beitragspflichtig besuchen und das
dritte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. |
Da die Stadt Bramsche selbst nicht Träger
kommunaler Kindertagesstätten ist,
fließen die Kostenbeiträge
zunächst den freien Trägern der Kindertagesstätten zu und vermindern insoweit das von der Stadt
Bramsche gemäß den sogenannten
Defizitverträgen zu erstattende Betriebskostendefizit. Die Elternbeiträge werden daher auch nicht durch
eine Gebührensatzung festgelegt, sondern nach Anhörung der Träger, die bereits
erfolgt ist, von der Stadt durch Ratsbeschluss einheitlich festgesetzt.
Zur Klarstellung wird auch darauf hingewiesen,
dass für die Beitragsfreiheit der Kinder
ab der Vollendung des dritten Lebensjahres nach der gesetzlichen Regelung allein das Alter maßgeblich ist und Kinder
bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres damit unabhängig davon
beitragspflichtig sind, ob die Betreuung in einer Krippengruppe oder in einer
altersgemischten Kindergartengruppe erfolgt. Die Beitragsfreiheit für Kinder
über drei Jahre bleibt selbstverständlich unberührt, da lediglich für eine acht
Stunden überschreitende Betreuungszeit ein einkommensabhängiger Beitrag pro 30
Min. anfällt.
Weiterhin wird darauf hingewiesen, dass auch die
Höchstbeiträge bei weitem nicht kostendeckend sind, so dass keine
„Quersubventionierung“ der niedrigeren Beitragsstufen erfolgt. In jedem Fall
wird der Großteil der Kosten für die Kinderbetreuung weiterhin aus öffentlichen
Haushaltsmitteln getragen.
Finanzielle Auswirkungen der Einführung der
Beitragsstaffel
Die finanziellen Auswirkungen lassen sich zurzeit
nur überschlägig abschätzen, da bisher ja keine
gesicherten Erkenntnisse über die Einkommensverhältnisse der
Beitragspflichtigen vorliegen. Geht man davon aus, dass im nächsten
Kindergartenjahr rund 300 Kinder unter drei Jahren in Kindertagesstätten
betreut werden und legt man einen durchschnittlichen Kostenbeitrag in Höhe von
187 € für eine 5-stündige Betreuung zugrunde (Mittelwert aus den
Einkommensstufen III und IV), dann beliefe sich das jährliche Gesamtaufkommen
auf rund 670.000 €. Dem stünde bei
gleichen Kinderzahlen und einem Beitrag von zurzeit durchschnittlich 168 € für
eine 5-stündige Betreuung ein Vergleichsbetrag von rund 600.000 € gegenüber.
Das wäre eine Steigerung des Gesamtaufkommens um rund 70.000 € oder ca. 11,7 %.
Die absoluten Zahlen werden jeweils etwas geringer sein, da die Auswirkungen
der Geschwisterermäßigung nicht berücksichtigt werden konnten.
Dem stehen nach den bislang vorliegenden
Abrechnungen der Träger von Kindertagesstätten bereits für das Vorjahr 2018
laufende Brutto-Gesamtkosten je Platz in Höhe von rund 9.400 € gegenüber. Die
aktuellen Tarifsteigerungen sind darin noch nicht berücksichtigt. Im Vergleich
dazu betrugen die laufenden Betriebskosten pro Platz im Jahr 2015, in dem die
Beiträge letztmals angehoben wurden, noch rund 8.750 €. Kosten für
Investitionen in Kindertagesstätten sind darin jeweils nicht enthalten. Das ist
eine Kostensteigerung um rund 7,4 %, für die neben allgemeinen
Tarifsteigerungen weitere Faktoren, wie zusätzliches Fachpersonal (Drittkräfte
in Krippengruppen, erweiterte Betreuungszeiten), zusätzliche Hauswirtschaftskräfte für
Mittagsverpflegung etc. verantwortlich sind.
Bereits bei Einführung der Defizitfinanzierung
bestand ein allgemeiner Konsens zwischen Gemeinden und Trägern von
Kindertagesstätten, dass die Elternbeiträge grundsätzlich etwa 25 % der
laufenden Brutto-Gesamtkosten des Kindertagesstättenbetriebs decken sollten.
Diese unverbindliche Richtgröße, die u. a. auch der Landesrechnungshof bei der
Prüfung der Wirtschaftlichkeit von Kindertagesstätten zugrunde gelegt hat, ist
auch bei früheren Anpassungen der Beiträge berücksichtigt worden. Geht man von
den oben genannten Zahlen aus, dann beträgt der Kostendeckungsgrad bei einem
durchschnittlichen Beitragsaufkommen von ca. 2.016 € pro Platz (168 € x 12 Monate) zurzeit nur rund 21,4 %.
Mit der vorgeschlagenen Anhebung der Beiträge würde er bei einem durchschnittlichen
Beitragsaufkommen von ca. 2.244 € pro Platz (187 € x 12 Monate) auf der Basis
der Kosten des Jahres 2018 mit 23,9 % noch unter 25 % liegen. Gleichwohl wird
empfohlen, wegen der noch ungesicherten Zahlenbasis zunächst die hier vorgeschlagene
Beitragsstaffel einzuführen und das tatsächliche Beitragsaufkommen ebenso wie
die Kostenentwicklung laufend zu überprüfen.
Beschlussvorschlag:
Die für die Betreuung von Kindern in Kindertagesstätten zu entrichtende Entgelte werden gemäß der Anlage zu dieser Vorlage festgesetzt.