Betreff
Betrauung der Stadtmarketing Bramsche GmbH mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse
Vorlage
WP 11-16/489
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt / Begründung:

 

Zu Nr. 1 des Beschlussvorschlags:

 

Die Stadtmarketing Bramsche GmbH (SmB) erhält regelmäßige Zuwendungen aus dem Haushalt der Stadt Bramsche. Dabei handelt es sich nicht um Entgelte für die Erbringung bestimmter Dienstleistungen zugunsten der Stadt Bramsche, sondern um Zuschüsse zur Abdeckung von Verlusten, die der SmB durch die Erfüllung von Aufgaben entstehen, deren Wahrnehmung im öffentlichen Interesse liegt. Solche Zuschüsse unterliegen den Vorschriften des Beihilfenrechts der Europäischen Union.

 

Nach Art. 107 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sind staatliche Beihilfen nur unter sehr engen Voraussetzungen zulässig. Nach Art. 106 Abs. 2 AEUV gelten diese Beschränkungen grundsätzlich auch für Unternehmen, die im öffentlichen Interesse liegende Aufgaben der Daseinsvorsorge wahrnehmen, soweit die Anwendung der beihilfenrechtlichen Vorschriften die Erfüllung dieser Aufgaben nicht verhindert. Gleichzeitig ermächtigt Art 106 Abs. 3 AEUV die Europäische Kommission, zur Konkretisierung dieser Ausnahme Richtlinien und Beschlüsse zu erlassen.

 

Aufgrund dieser Regelung hat die Europäische Kommission in Anlehnung an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs u. a. einen Beschluss vom 20.12.2011 über die Anwendung von Art. 106 AEUV sowie umfangreiche weitere Duchführungsvorschriften dazu erlassen, die in § 1 des anliegenden Entwurfs eines Betrauungsaktes genannt sind.

 

Im Kern besagen diese Vorschriften, dass Beihilfen aus öffentlichen Haushalten zur Finanzierung von Aufgaben der Daseinsvorsorge unter bestimmten Voraussetzungen gewährt werden dürfen. Dazu gehört, dass das begünstigte Unternehmen förmlich mit der Wahrnehmung bestimmter Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI) betraut werden muss. Dies kann durch einen Rechtsakt nach Maßgabe des Rechts der Mitgliedsstaaten geschehen, wobei für den Geltungsbereich des deutschen Rechts dazu überwiegend das Instrument des Verwaltungsakts empfohlen wird. Da das Europäische Recht keine einschlägigen Vorschriften darüber enthält, welche Aufgaben als DAWI gelten, besteht insoweit ein gewisser Ermessensspielraum. Es muss sich jedenfalls um Aufgaben handeln, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt und die von Unternehmen ohne besondere Zuschüsse nicht wirtschaftlich erbracht werden können.

 

Weiterhin muss die Regelung der Zuwendungen so gestaltet werden, dass diese nicht über einen kostendeckenden Ausgleich hinausgehen. Regelungen zur Vermeidung einer Überkompensation sind vorzusehen. Ausgleichszahlungen dürfen 15 Mio. € pro Jahr nicht übersteigen und die Dauer der Betrauung darf grundsätzlich nicht über 10 Jahre hinausgehen, wobei dann aber eine erneute Betrauung zulässig ist.

 

In dem anliegenden Betrauungsakt, der von der BBT-Rechts- und Steuerberatungsgesellschaft in Hannover entworfen worden ist, sind die beihilfenrechtsrelevanten Aufgaben der SmB aufgeführt, mit deren Wahrnehmung als DAWI die SmB nunmehr förmlich durch einen Verwaltungsakt betraut werden soll (siehe § 2). Die Bemessung der Ausgleichsleistungen soll auf der Basis des jeweiligen Jahres-Wirtschaftsplans, der der Stadt Bramsche jeweils rechtzeitig zur Haushaltsplanung zur Genehmigung vorzulegen ist, erfolgen (siehe §§ 4 und 5). Zur Vermeidung einer sogenannten Überkompensation ist jährlich nach Ablauf des Geschäftsjahres ein Verwendungsnachweis in Form eines Beihilfeberichts vorzulegen (siehe §§ 6 und 7).

 

Im Rahmen des diesem Betrauungsakt zugrunde liegenden Gutachtens der BBT-Rechts- und Steuerberatungsgesellschaft ist auch noch einmal festgestellt worden, dass die hier vorgesehene Gewährung sogenannter echter Zuschüsse für die Wahrnehmung von Aufgaben im öffentlichen Interesse, die nicht mit einer unmittelbaren Gegenleistung für die Stadt verbunden ist, nach dem gegenwärtigen Stand des Umsatzsteuerrechts nicht der Umsatzsteuer unterliegt. Davon zu unterscheiden sind die von der SmB aufgrund von Dienstleistungsverträgen wahrgenommenen Tätigkeiten, die nicht Gegenstand des Betrauungsaktes sind und die in der Buchführung der SmB gesondert aufgeführt werden müssen.

 

 

Zu Nr. 2 des Beschlussvorschlags:

 

§ 6 des Gesellschaftsvertrags der SmB enthält eine Regelung mit folgendem Wortlaut:

 

㤠6

 

Nebenleistungspflicht

 

1.      Die Gesellschafter verpflichten sich, neben der Erbringung der Stammeinlage zur Sicherstellung der Finanzierung der Gesellschaft, zur Übernahme des Jahresfehlbetrags.

 

2.    Die Nebenleistungspflicht des Förderkreises Freundliches Bramsche e. V. wird begrenzt auf 90 v. H. des jährlichen Beitragsaufkommens.“

 

 

Diese Regelung ist ausweislich des Rechtsgutachtens von Herrn Ministerialdirigent a. D. Robert Thiele, dem ehemaligen Leiter der Kommunalabteilung des Nds. Innenministeriums, das den Ratsmitgliedern mit Schreiben vom 29.04.2013 zur Verfügung gestellt worden ist, wegen Verstoßes gegen das in § 137 Abs. 1 Nr. 4 NKomVG (vormals § 109 Abs. 1 Nr. 4 NGO) enthaltene Verbot einer unbeschränkten Übernahme von Verlusten rechtsunwirksam.

 

Zitat aus dem Gutachten:

 

„Nach § 137 Abs. 1 Nr. 4 NKomVG ist die Führung eines Unternehmens in Privatrechtsform oder die Beteiligung daran nur zulässig, wenn die Kommune sich nicht zur Übernahme von Verlusten in unbestimmter oder unangemessener Höhe verpflichtet. Damit ist die Regelung in § 6 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages, nach der die Gesellschafter, also auch die Stadt, sich zur Übernahme des Jahresfehlbetrags der Gesellschaft verpflichten, ersichtlich nicht vereinbar. Die Regelung stellt einen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot dar und muss deshalb unter Anwendung  des § 134 BGB als nichtig angesehen werden. Das hätte zwar nach § 21 des Gesellschaftsvertrags auf den Bestand der Gesellschaft keinen Einfluss, jedoch erscheint es als unverzichtbar, eine den gesetzlichen Vorgaben entsprechende Regelung zu treffen.“

 

Dieser Empfehlung folgend wird vorgeschlagen, § 6 des Gesellschaftsvertrages durch die im Beschlussvorschlag unter Nr. 2 aufgeführte Regelung zu ersetzen.

 


Beschlussvorschlag:

 

  1. Die Stadtmarketing Bramsche GmbH wird gemäß dem anliegenden Entwurf eines Betrauungsaktes mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut.

 

  1. Die Vertreter der Stadt Bramsche in der Gesellschafterversammlung der Stadtmarketing Bramsche GmbH werden gemäß § 138 Abs. 1 NKomVG beauftragt, in der Gesellschafterversammlung der Stadtmarketing Bramsche GmbH darauf hinzuwirken, den rechtsunwirksamen § 6 des Gesellschaftsvertrags durch folgende Regelung zu ersetzen:

 

                                                                        „§ 6

                                   

                                                  Sicherstellung der Finanzierung

 

Soweit die Gesellschaft Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse im Sinne des Art. 106 Abs. 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union wahrnimmt, können ihr zum Ausgleich der dadurch entstehenden Aufwendungen Ausgleichsleistungen nach Maßgabe eines von der Stadt Bramsche zu erlassenden Betrauungsaktes gewährt werden.

 

Der Förderkreis Freundliches Bramsche e. V. beteiligt sich an den Ausgleichsleistungen gemäß seinem Anteil an der Gesellschaft, jedoch begrenzt auf 90 v. H. seines jährlichen Beitragsaufkommens.“