Betreff
Öffentlich-rechtliche Vereinbarung über die Wahrnehmung der Aufgaben der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen
Vorlage
WP 11-16/375
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt / Begründung:

 

Mit dem am 15.04.2013 vom Kreistag beschlossenen Entwurf einer Öffentlich-rechtlichen Vereinbarung soll erstmals eine Beteiligung des Landkreises an den laufenden Betriebskosten der Kindertagesstätten, beschränkt auf die Betreuung der Kinder unter drei Jahren, eingeführt werden. Ab dem nächsten Kindergartenjahr 2013/2014 sollen vom Landkreis für jedes in einer Kindertagesstätte betreute Kind unter drei Jahren jeweils pro Jahr zunächst 832,90 € für den Halbtagsplatz, 1.041,12 € für den Ganztagsplatz und ab 2014 920,00 € für den Halbtagsplatz und 1.150,00 € für den Ganztagsplatz zur Verfügung gestellt werden.

 

Gleichzeitig sollen sich die kreisangehörigen Gemeinden mit dieser Vereinbarung verpflichten, uneingeschränkt für die Gewährleistung des ab dem 1. August 2013 auch für Kinder unter drei Jahren geltenden Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz einzustehen und den Landkreis von allen Ansprüchen freizustellen, die ihm gegenüber von betroffenen Eltern erhoben werden könnten.

 

Zunächst ist zu begrüßen, dass eine Lösung gefunden worden ist, nach welcher der Landkreis erstmals einen Teil zu diesen bisher von den Gemeinden allein getragenen Kosten beiträgt. Denn es handelt sich hier um eine gesetzliche Aufgabe des Landkreises. Die Stadt Bramsche nimmt die Verantwortung für die Betreuung der drei- bis sechsjährigen Kinder in den Kindergärten, wie auch die anderen kreisangehörigen Gemeinden, bereits seit vielen Jahren wahr und tut dies faktisch auch heute schon für die Kinder unter drei Jahren. So hat die Stadt Bramsche in den vergangenen Jahren auch für diese Altersgruppe bereits Betreuungsplätze in  Kindergärten geschaffen und neue Krippen errichtet.

 

Gegen die Übernahme der Einstandspflicht zur Gewährleistung des ab dem 1. August 2013 auch für Kinder unter drei Jahren geltenden Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz durch die Gemeinden bestehen erhebliche Bedenken, weil heute noch niemand voraussagen kann, wie groß die Nachfrage nach Betreuungsplätzen sein wird. Die häufig genannte Zahl von durchschnittlich 35 % der Kinder dieser Altersgruppe ist nur eine politische Zielvorgabe der Bundespolitik. Die tatsächliche Nachfrage nach Betreuungsplätzen kann davon jedoch deutlich abweichen und wird auch von Kommune zu Kommune unterschiedlich hoch sein. Gerade deshalb hat der Gesetzgeber die Gewährleistungspflicht den Landkreisen mit ihren Möglichkeiten des Ausgleichs unterschiedlicher Belastungen innerhalb des Kreisgebietes zugewiesen. Wenn aber tatsächlich wesentlich mehr Betreuungsplätze nachgefragt werden – und in vielen Städten ist dies heute schon der Fall - ist diese Nachfrage maßgeblich und es müssen dafür ausreichend Plätze geschaffen werden. Voraussichtlich wird der neue Rechtsanspruch noch einen erheblichen Nachfrageschub auslösen, was die Anmeldezahlen für das kommende Kindergartenjahr in Bramsche jetzt schon belegen.

 

Der von der Stadt Bramsche und mehreren anderen Gemeinden im Rahmen der Verhandlungen gemachte Vorschlag, das daraus folgende Risiko für die Gemeinden durch eine unmittelbar in die Vereinbarung aufgenommene klarstellende Regelung in angemessener Weise zu begrenzen, ist vom Landkreis leider abgelehnt worden.

 

In dem anliegenden Begleitschreiben zum Vertragsentwurf vom 19.04.2013, das inhaltlich einem unmittelbar vor der Kreistagssitzung an die Kreistagsmitglieder gerichteten Schreiben entspricht, hat der Landrat folgendes erklärt:

 

„Nach den derzeitigen Berechnungen des Landkreises wird die Versorgungsquote von 40 % in den nächsten 5 Jahren voraussichtlich nicht erreicht. Sollte es dennoch zu einer signifikanten Überschreitung der vorgenannten Versorgungsquote kommen, müssten die Parameter des Vertrags neu konzipiert werden.(Vgl. auch § 7 Abs. 2 der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung“.)

 

In der zitierten Regelung des Vertrages heißt es:

 

„Sollte bei Abschluss des Vertrages ein Punkt nicht geregelt worden sein, der bei verständiger Würdigung der Sach- und Rechtslage geregelt worden wäre oder sollte durch sonstige unvorhergesehene Ereignisse die Geschäftsgrundlage dieses Vertrages wesentlich geändert werden, verpflichten sich die Vertragsparteien, die vorhandenen oder dann entstehenden Vertragslücken nach dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben durch entsprechende Ersatz- oder Ergänzungsbestimmungen zu schließen.“

 

In den Sitzungen des Ausschusses für Kinder, Jugend und Familie und des Kreistags am 15.04.2013 ist von der Kreisverwaltung sinngemäß dazu erklärt worden, dass man eine Nachfragequote nach Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren über 40 % als nicht realistisch und damit als nicht vorhersehbar betrachte und für diesen Fall den Tatbestand der genannten Vertragsklausel über Veränderungen der Geschäftsgrundlage als erfüllt betrachte.

 

In seiner schriftlichen Antwort vom 06.05.1013 auf eine darauf bezogene Anfrage der Kreistagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen vom 29.04.2013 hat der Landrat diese Aussagen jedoch deutlich relativiert. Dort heisst es:

 

„Die Geschäftsgrundlage des Vertrages wird nicht berührt, wenn in einer oder mehreren Kommunen für mehr als 40 % der unter dreijährigen Kinder Betreuungsplätze nachgefragt werden. Der Höchstbetrag von 3,5 Mio. € gilt landkreisweit und steht allen Gemeinden unabhängig von ihrer jeweiligen Versorgungsquote zur Verfügung. Das heißt, dass die geltenden Förderbeträge pro Kind im Alter von null Jahren bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres, das eine Halb- bzw. Ganztagsgruppe in Anspruch nimmt, erst angepaßt werden, wenn der o. g. Höchstbetrag landkreisweit erreicht wird.

 

Nachverhandlungen mit einzelnen Kommunen sind grundsätzlich nicht vorgesehen.“

 

Das bedeutet, dass kreisangehörige Gemeinden mit einer überdurchschnittlichen Nachfrage nach Betreuungsplätzen das befürchtete Risiko, erforderlichenfalls weitere Betreuungsplätze auch für weit mehr als 40% der Kinder unter drei Jahren schaffen und unterhalten zu müssen, allein zu tragen hätten. Es wird daher nachdrücklich die Erwartung ausgesprochen, dass der Landkreis sich in diesem Fall ungeachtet der getroffenen Aussagen gleichwohl zu Nachverhandlungen mit dem Ziel einer angemessenen Lastenverteilung bereit findet.

 


Beschlussvorschlag:

 

1.    Der anliegenden Öffentlich-rechtlichen Vereinbarung über die Wahrnehmung der Aufgaben der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen wird trotz großer Bedenken zugestimmt.

 

2.    Der Rat der Stadt Bramsche hat nach wie vor erhebliche Bedenken gegen die vom Landkreis geforderte Übernahme aller Risiken aus der gesetzlichen Pflicht zur Gewährleistung ausreichender Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren.

 

3.    Der Rat der Stadt Bramsche erwartet, dass der Landkreis Nachverhandlungen über eine angemessene Lastenverteilung auch mit einzelnen Gemeinden führen wird, wenn sich die Nachfrage nach Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren deutlich über die bisherigen Erwartungen hinaus entwickeln sollte.