Bezug: Vorlagen Nr. 594 / WP 06-11 und Nr. 731 / WP 06-11
Sachverhalt / Begründung:
In seiner Sitzung am 10.06.2010 hat der Verwaltungsausschuss mit der Vorlage Nr. 594/ WP 06-11 die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 145 „Industriegebiet westlich der L 78“, mit örtlichen Bauvorschriften, beschlossen. Der Aufstellungsbeschluss wurde am 17.07.2010 durch Veröffentlichung in den „Bramscher Nachrichten“ und durch Aushang am Rathaus der Stadt Bramsche bekannt gemacht.
Die Bauverwaltung hatte bereits
im Jahr 2006 ein Standortkonzept für mögliche Gewerbe- und Industrieflächen im
Umfeld der A1 erarbeiten lassen. Weil sich das interkommunale Gewerbegebiet Wallenhorst / Bramsche als kurz- und
mittelfristig nicht umsetzbar erwiesen hat, ist der Standort in Engter wieder
in den Fokus gerückt. Aus dem Protokoll des Ausschusses für Stadtentwicklung
und Umwelt vom 27.05.2010 geht hervor, dass die Fraktionen von SPD und CDU
übereinstimmend feststellen: “dass nur die Ausweisung eines Industriegebietes
möglich ist, da keine Nachfrage nach Gewerbegebietsflächen besteht.
Nutzungseinschränkungen sind aber im Rahmen der Festsetzungsmöglichkeiten und
aufgrund der Eigentumsverhältnisse möglich“. Das heißt, über geltende
immissionsschutzrechtliche Grenzwerte sowie vorgesehene Nutzungseinschränkungen
im Rahmen bauleitplanerischer Festsetzungen sollte das Industriegebiet
eingeschränkt werden. Zudem wurden Steuerungsmöglichkeiten in der Ansiedlung
von Betrieben dadurch gesehen, dass die Stadt in das Eigentum der Flächen
kommen soll. Die Vorlage wurde mehrheitlich mit einer Gegenstimme angenommen
und somit wurde die Verwaltung
beauftragt, eine Erweiterung des Industriegebietes in Engter auf den Flächen
westlich der L 78 planungsrechtlich vorzubereiten. Die vorgenannten
Rahmenbedingungen wurden von der
Verwaltung in den nun zum Satzungsbeschluss vorgeschlagenen Bebauungsplanentwurf
eingearbeitet.
Eine frühzeitige Unterrichtung der
Öffentlichkeit gemäß § 3 Abs. 1 BauGB über die allgemeinen Ziele und Zwecke der
Planung erfolgte im Rahmen einer Informations- und Erörterungsversammlung am
24.08.2010 im Rathaus der Stadt Bramsche. Die Planunterlagen konnten in der
Zeit vom 25.08.2010 bis einschließlich 24.09.2010 eingesehen werden. Der
Öffentlichkeit wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Während der
frühzeitigen Beteiligung sind von Seiten der Öffentlichkeit keine Anregungen
oder Bedenken geäußert worden.
Die frühzeitige Unterrichtung der
Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange gemäß § 4 Abs. 1 BauGB wurde
im Zeitraum vom 26.08.2010 bis 30.09.2010 durchgeführt.
Mit der Beschluss-Vorlage Nr.
731/WP 06-11 hat der Verwaltungsausschuss in seiner Sitzung am 24.02.2011 die
öffentliche Auslegung des Entwurfes des Bebauungsplanes Nr. 145
„Industriegebiet westlich der L 78“, mit örtlichen Bauvorschriften,
einschließlich Begründung und Umweltbericht gemäß § 3 Abs. 2 BauGB sowie die
Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange gemäß § 4
Abs. 2 BauGB beschlossen.
Nach Veröffentlichung in den
Bramscher Nachrichten am 05.03.2011, durch Aushang im Rathaus und Einstellung
ins Internet wurde der Bauleitplanentwurf einschließlich Begründungsentwurf und
Umweltbericht vom 14.03.2011 bis einschließlich 15.04.2011 öffentlich
ausgelegt. Mit Schreiben bzw. Mail vom 09.03.2011 wurde den Behörden und
sonstigen Trägern öffentlicher Belange Gelegenheit gegeben, sich spätestens bis
zum 11.04.2011 zum Planentwurf und der Begründung zu äußern.
Im Rahmen der öffentlichen Auslegung sind von Seiten der Bürger Bedenken geäußert worden. Es hat sich eine Anwohnerinitiative gebildet, die sich gegen die Erweiterung des Industriegebietes in Engter wendet.
Sollte erwogen werden, nicht an der bisher befürworteten Ausweisung eines eingeschränkten Industriegebietes (GIe) festzuhalten, weist die Verwaltung darauf hin, dass auch Gewerbegebietsflächen (GEe) bauplanungsrechtlich beschränkt werden müssten. Dies ist aufgrund der bisherigen positiven Erfahrungen mit der Ausweisung von Industriegebietsflächen in Bramsche nicht zu empfehlen. Als eine der wenigen Kommunen im Landkreis kann die Stadt Bramsche in Engter Flächen in einer baulichen Nutzungsqualität anbieten, die sich mit dem Niedersachsenpark in Neuenkirchen-Vörden/ Rieste messen lässt. Aufgrund der noch immer unterdurchschnittlich (im Landesvergleich) ausfallenden Gewerbesteuereinnahmen der Stadt Bramsche besteht gegenwärtig dringender Handlungsbedarf bei der Entwicklung von attraktiven Industriegebietsflächen. Nur durch ein qualitativ überdurchschnittliches Flächenangebot im Sinne einer Entwicklungsfähigkeit unter Berücksichtigung des sich auch zukünftig fortentwickelnden Umweltrechts kann die Stadt Bramsche als Gewerbestandort überhaupt neben dem Niedersachsenpark bestehen.
Die Notwendigkeit der Ausweisung von eingeschränkten Industriegebietsflächen geht aber keinesfalls zu Lasten des Immissions- und damit des Anliegerschutzes. Der Schutz der Anlieger vor unzulässigen Geräuschimmissionen hatte im gesamten Planungsprozess des B 145 höchste Priorität. Bzgl. zu erwartender Veränderungen des Verkehrsaufkommens erfolgte auf Grundlage von Verkehrszählungen (im Mai/ Juni 2011) und einer sich daran anschließenden Prognose eine ergänzende schalltechnische Beurteilung. Selbstverständlich löst jede zusätzliche Ausweisung von Bauflächen zusätzliche Verkehre aus. Dies betrifft Gewerbe- und Industriegebiete genauso wie Wohngebiete. Die aufgrund des ergänzenden Gutachtens berechneten Zahlen weisen an den beiden nächstgelegenen Wohnhäusern allerdings lediglich eine Erhöhung von 0,3 - 0,6 dB(A) aus. Diese Veränderung – darauf wurde von der Verwaltung schon bei der Bürgerfragestunde des Ortsrates im Mai 2011 hingewiesen – ist nicht wahrnehmbar. Die Grenzwerte des maßgeblichen Regelwerkes (TA Lärm) selbst für eine zumutbare Erhöhung werden deutlich unterschritten.
Die
Umsetzung des Bebauungsplanes Nr. 145 ist bezüglich der Erhöhung des Verkehrslärms
im Sinne der TA Lärm unkritisch. Diese Aussage bedeutet aber nicht, dass die
Verkehrsbelastungen auf der L 78 von der Verwaltung nicht gesehen werden. Die
Zählungen auf der L 78 aus dem Sommer 2011 haben eine DTV (durchschnittliche
tägliche Verkehrsmenge) von knapp unter 6.000 Kfz/24h ergeben, bei einem Anteil
des Schwerverkehrs von 17 % tags bzw. 14 % nachts. Dies ist allerdings für eine
Landesstraße, die zudem Bedarfsumleitung der BAB ist, nicht ungewöhnlich.
Worin unterscheiden sich Gewerbegebiete (GE) gem. § 8
BauNVO von Industriegebieten (GI) gem. § 9 BauNVO?
Das GE ist – wie das GI – zur Unterbringung von Gewerbebetrieben vorgesehen. Beide Gebiete unterscheiden sich dadurch, dass das GE-Gebiet „vorwiegend“ der Unterbringung der Gewerbebetriebe dient, während das GI-Gebiet dafür „ausschließlich“ vorgesehen ist. Diese Unterscheidung schlägt sich naturgemäß in einem gegenüber GE-Gebieten höheren zulässigen Störungsgrad und einem stärker eingeschränkten Zulässigkeitskatalog in GI-Gebieten nieder.
Während in einem Mischgebiet (MI) gem. § 6 BauNVO Gewerbebetriebe und Wohnen (noch) gleichwertig ihren Standort haben, dienen Gewerbegebiete (GE) bereits vorwiegend der Unterbringung von Gewerbebetrieben (aller Art), bei gleichzeitigem Ausschluss von Wohnnutzungen. Industriegebiete (GI) dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben und zwar – konsequent – „vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind“.
Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Gewerbe- und Industriegebieten sind in der nachfolgenden Tabelle gegenübergestellt.
Unterschiede/Vergleichbarkeit
Gewerbegebiete (GE) |
Industriegebiete (GI) |
Vorwiegend Unterbringung nicht erheblich |
Ausschliesslich Unterbringung von |
Offene Grundstruktur, Zulässigkeit |
Eingeschränkter Zulässigkeitskatalog |
Zulässigkeit von nach BImSchG genehmi- |
Zulässigkeit von nach BImSchG geneh- |
„Betriebsbezogenes“ Wohnen |
„Betriebsbezogenes“ Wohnen nur |
Schutzanspruch der Betriebe untereinander |
geringerer Schutzanspruch der Betriebe |
Gliederung (Einschränkung) des Gebietes |
Gliederung (Einschränkung) des Gebietes |
Gemeinsames bzgl. Emissionsbeschränkungen (durch Gliederung/textliche Festsetzungen): Unabhängig vom Gebietstypen ist der begrenzende Faktor für die zulässigen Emissionen der Schutzanspruch der umliegenden Wohnnutzungen bzw. sonstiger Schutzgüter (z. B. Wald) |
Warum ist aus Sicht der Verwaltung die Ausweisung eines
Industriegebietes notwendig?
- Der Entwurf des Bebauungsplans Nr. 145 weist ein Industriegebiet gem. § 9 BauNVO aus. Jedoch werden die potenziellen Betriebe und Anlagen durch die Festsetzung von max. zulässigen Emissionskontingenten stark eingeschränkt. Tagsüber gelten Geräuschgrenzwerte von 66 dB(A)/m², nachts nur 51 dB(A)/m². Ein solche Einschränkung ist für Industriegebiete eher untypisch, weil ausgesprochen niedrig. Schon dieser Einschränkung durch die vorstehend genannten Lärmkontingente ist zu entnehmen, dass die Berücksichtigung der Schutzansprüche der umliegenden Bebauung bei der Beplanung des B 145 höchste Priorität hatte.
Die DIN 18 005 „Schallschutz im Städtebau“ gibt für uneingeschränkte Industriegebiete als Anhaltswert einen flächenbezogenen Schallleistungspegel von 65 dB(A)/m² Tag und Nacht an, für Gewerbegebiete sind es 60 dB(A)/m² Tag und Nacht. Zwar sind „die flächenbezogenen Schallleistungspegel“ und die „Emissionskontingente“ aufgrund anderer Ausbreitungsberechnungen nicht direkt miteinander vergleichbar, aber doch zumindest näherungsweise. Gerade im Nachtzeitraum wird durch die Festsetzung also ein noch deutlich unter einem Gewerbegebiet liegendes Lärmkontingent vorgesehen. Im östlich an das Plangebiet angrenzenden Bebauungsplan Nr. 99 „Südlich des Mittellandkanals“ sind die Grenzwerte deutlich höher angesetzt (flächenbezogene Schallleistungspegel 67-79 dB (A) tags und 50-63 dB(A) nachts). Dies ist detailliert der als Anlage beigefügten Übersichtskarte zu entnehmen. Mit weiteren Abschlägen bei den Lärmkontingenten oder auch der Herabstufung der Gebietskategorie auf ein GE würde die Qualität des Plangebietes insgesamt (Baugebietsqualität und Einschränkung durch Lärmkontigente) bereits deutlich in Richtung eines Mischgebietes tendieren. Die Festsetzung eines GE an Stelle eines GI würde für die weiter entfernt liegende Bebauung nur dann eine verbesserte Lärmvorsorge nach sich ziehen, wenn gleichzeitig die jetzt festgesetzten Lärmkontingente nochmals deutlich reduziert würden. Eine weitere Herabstufung der Schalleistungspegel von jetzt 66/51 dB(A) tags/nachts würde die beplanten Flächen aus Gewerbeansiedlungssicht aber weitgehend entwerten und wäre für Betriebe nicht mehr attraktiv.
Die Verwaltung hat bei der Festlegung der Emissionskontingente dem Schutz der umliegenden Bebauung im Außenbereich höchste Priorität eingeräumt. Um keine relevante Erhöhung der Gesamtimmissionen zu erzeugen, wurden die Kontingente so heruntergefahren, dass die maximale Zusatzbelastung an den Immissionsorten mindestens 10 dB(A) unterhalb der Orientierungswerte der DIN 18005 liegt. Damit ist sichergestellt, dass an den umliegenden schützenwerten Nutzungen die Erhöhung der Immissionswerte so gering ist, dass die Orientierungswerte der DIN 18005 eingehalten werden oder die Belastung nicht weiter relevant erhöht wird.
Gerade die Tatsache, dass die Lärmkontingente des B 145 so festgesetzt wurden, dass an den nächstgelegenen Wohnhäusern eine Unterschreitung der Richtwerte von 6 – 10 dB(A) erreicht wurde, sorgt dafür, dass eine weitere Reduzierung der Emissionskontingente insbesondere am Tag, aber auch in der Nacht für die Anwohner keinerlei wahrnehmbare Verbesserung bewirkt, allerdings ohne deutlich schlechtere Vermarktungsfähigkeit der Flächen. Das ehemalige NLÖ (Nieders. Landesamt für Ökologie) gab für Industriegebiete Anhaltswerte von 67,5 / 52,5 dB(A) tags / nachts heraus. Diese Werte werden schon jetzt deutlich unterschritten. Die im B 145 festgesetzten Lärmkontingente engen ohnehin den Bewerberkreis möglicher Betriebe auf „leisere“ ein, bzw. auf solche, die die Möglichkeit haben, aktiv Lärmminderung zu betreiben.
- Dass die Ausweisung eines Industriegebietes für die Ansiedlung von attraktiven Betrieben von entscheidender Bedeutung ist, zeigen die bisherigen Erfahrungen der Stadt mit der Vermarktung von gewerblichen Flächen. Betriebe wie z.B. die Heywinkel-Gruppe, die nach ihrem Emissionsverhalten nicht direkt als GI-Betriebe erkennbar sind, bedürfen dennoch grundsätzlich einer Genehmigung nach dem BImSchG. Dies trifft auch auf die Fa. Leiber zu.
Aufgrund der Erfahrungen der letzten 20 Jahre bei Betriebsansiedlungen in Bramsche ist unzweifelhaft festzustellen, dass insbesondere arbeitsplatzintensive und technisch hoch ausgerüstete Betriebe grundsätzlich GI-Flächen nachfragen. Nur dann können die Betriebe ein akzeptables Maß an Rechtssicherheit für Genehmigungen im Falle späterer Erweiterungsabsichten erwarten. Es hat sich gezeigt, dass sich die Umweltgesetzgebung, die im wesentlichen von der EU betrieben wird, in immer kürzeren Zeiträumen ändert. Dem Wunsch vieler Firmen auf dauerhafte Absicherung ihres Betriebsstandortes und der damit verbundenen hohen Investitionen muss nach Meinung der Verwaltung Rechnung getragen werden.
Gerade die Ansiedlung der Heywinkel-Gruppe hat bekanntlich viel zum Erfolg und überaus positiven Image des Industriegebietes in Engter beigetragen. Dieser Betrieb hätte sich – nach eigener Aussage – ohne eine GI-Ausweisung nicht in Bramsche angesiedelt. Die GI-Ausweisung wurde durch die Heywinkel-Gruppe damals bereits im ersten Gespräch zur zwingend notwendigen Bedingung erklärt. Bisher hat die Stadt Bramsche mit der Ausweisung gegliederter GI-Flächen nur gute Erfahrungen gemacht, was sich auch an den Arbeitsplatzzahlen im GI Engter ablesen lässt: Dort existieren z.Zt. rd. 480 Arbeitsplätze! Einige der dort Beschäftigten haben in den neuen Wohngebieten in Engter und Lappenstuhl Eigentum erworben.
- GE-Gebiete haben einen völlig anderen Charakter als GI-Gebiete. Nach den Erfahrungen der Verwaltung werden GE-Flächen am Standort Bramsche nur begrenzt nachgefragt (Beispiele Hesepe und Oeversberg), während GI-Flächen positive Entwicklungen erwarten lassen. Bei Umwandlung der GI- in eine GE-Ausweisung wird eine massive Verschlechterung der Vermarktungsbedingungen erwartet, ohne dass die Situation sich im Hinblick auf eine mögliche Belastung für die Anwohner verändert. Ansiedlungswillige, aber unattraktive (z.B. stark emittierende) Betriebe werden bei der Vermarktung der Grundstücke ohnehin nicht zum Zuge kommen; hierauf haben die Stadt Bramsche als Eigentümerin der Flächen und die Politik (durch notwendigen VA-Beschluss) gemeinsam direkten Einfluss. Die Politik hat somit umfassende Steuerungsmöglichkeiten, was die Ansiedlung von Betrieben angeht. Dies wird durch die bisherigen Ansiedlungen in Engter und auch im GI Hesepe eindeutig belegt.
- Die Entscheidung über die Qualität des Plangebiets in Engter ist eine ganz grundsätzliche; sie hat erheblichen Einfluss auf die weitere Gewerbeflächenpolitik in Bramsche. Auch bei Alternativflächen an anderen Standorten/ Ortsteilen wird es immer so sein, dass im Umfeld zukünftiger gewerblicher Bauflächen Einzelhäuser stehen. Es dürfte schwierig sein, diesen Anliegern zu vermitteln, dass in ihrem Umfeld ein GI-Gebiet ausgewiesen werden kann, während es bei gleichen oder ähnlichen Voraussetzungen in Engter auf Ablehnung gestoßen ist. Nennenswerte Ansiedlungserfolge sind auch künftig nur zu erzielen, wenn die Qualität der Flächen denen des ersten Industriegebietes in Engter entspricht. Diese Ansiedlungserfolge sind aber zwingend notwendig, um zusätzliche Steuereinnahmen zu erzielen und Bramsche damit mittelfristig im interkommunalen Vergleich als zukunftsfähiges und leistungsstarkes Mittelzentrum zu positionieren.
Welche Betriebe
beabsichtigt die Stadt Bramsche im GI Engter anzusiedeln?
Zum Schutz vor
unerwünschten Entwicklungen im geplanten Industriegebiet hat die Stadt zweifach
Steuerungsmöglichkeiten: Die Stadt Bramsche ist bzw. wird Eigentümerin der
Flächen im zukünftigen Industriegebiet. Somit liegt es letztendlich in der Hand
des Ortsrates und des Verwaltungsausschusses, über den Verkauf einer Fläche an
ein bestimmtes Unternehmen zu entscheiden. Nur ein Betrieb, der den
Vorstellungen der Stadt im Hinblick auf sein Emissionsverhalten und seine
Umweltverträglichkeit entspricht, erhält letztendlich den Zuschlag für eine Fläche.
Die zweite
Steuerungsmöglichkeit liegt im jeweiligen Genehmigungsverfahren: Jeder Betrieb
hat die vorgegebenen Emissionskontingente einzuhalten. Dies ist im jeweiligen
Genehmigungsverfahren – entweder nach Baurecht oder nach Immissionsschutzrecht
– nachzuweisen. Die festgesetzten Emissionskontingente geben der
Genehmigungsbehörde die Möglichkeit, die Umweltverträglichkeit an klar
definierten Werten zu messen. Dies bedeutet auch Rechtssicherheit für Nachbarn
hinsichtlich des Immissionsschutzes.
Selbstverständlich ist
einzuräumen, dass die erste Steuerungsmöglichkeit nur im Falle des Verkaufs
durch die Stadt eintritt. Sollte ein Betrieb in einigen Jahren verkauft werden
oder in die Insolvenz gehen, besteht diese Steuerungsmöglichkeit natürlich
nicht mehr. Gleichwohl bindet auch in diesem Fall der Bebauungsplan mit seinen
Festsetzungen den Rechtsnachfolger eines Betriebes. Die Stadt hat jedoch die
Möglichkeit, sich im Vorfeld ein Vorkaufsrecht im Wiederverkaufsfalle einräumen
lassen. Die Ausübung eines Vorkaufsrechts wird allerdings nicht immer
durchführbar sein. Da die Stadt Wert darauf legt, dass ein verkauftes
Grundstück innerhalb vorgegebener Frist bebaut wird, müsste bei Ausübung eines
Vorkaufsrechtes ein auf dem Grundstück errichtetes Gebäude entschädigt werden.
Das ist für die Stadt finanziell schwerlich darstellbar. Durch Einräumung eines
Vorkaufsrechtes hätte der Rat dennoch in jedem Verkaufsfall die Möglichkeit,
die Ausübung dessen zu erwägen, da es sich um ein Vorkaufsrecht und
nicht um eine Vorkaufspflicht handelt. Der Rat erhielte sich eine
weitere Steuerungsmöglichkeit.
Die Verwaltung wird bei
einer Vermarktung der Industriegebietsflächen in Engter dem Emissionsverhalten
der anzusiedelnden Betriebe höchste Beachtung schenken. Es werden dem
Ortsrat/VA nur solche Verkaufsfälle vorgeschlagen, die eine sichere Einhaltung
der Emissionskontingente in Bezug auf Lärm erwarten lassen und die zudem keine
erheblichen Staubemissionen (Betriebe, die mit Schüttgütern arbeiten) erwarten
lassen. Zudem werden Betriebe präferiert, die im Verhältnis zur
Grundstücksfläche eine angemessene Zahl von Arbeitsplätzen erwarten lassen. Das
schließt z. B. die Ansiedlung großer Speditionen aus.
Im Rahmen des
Verkehrsgutachtens zum Bebauungsplan Nr. 145 hat die Verwaltung eine
vorsichtige Prognose der zu erwartenden Arbeitsplätze (und damit des
induzierten Verkehrs) erarbeitet. Im Bebauungsplan Nr. 99 befinden sich rd. 480
Arbeitsplätze. Ein erheblicher Teil beruht natürlich auf Personal der Fa. Heywinkel.
Einen sog. Heywinkel-Effekt hat die Verwaltung aus dem Bebauungsplan Nr. 145
herausgerechnet, letztendlich kam die Verwaltung auf 13,6 AP/ha Bruttofläche.
Das wären im B-Plan 145 max. 180 Arbeitsplätze. Dies bedingt jedoch eine
strenge Beschränkung bei der Grundstücksvergabe auf arbeitsplatzintensive
Betriebe.
Hinweis: Für die oben
erläuterte Verkehrsprognose wurde zur Sicherheit der Anlieger sogar mit 265
Arbeitsplätzen gerechnet und damit mit einem aus dem B 145 induzierten
Verkehrsaufkommen, das sicherlich niemals erreicht werden wird.
Im Rahmen der Beteiligung der
Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange sind Stellungnahmen zum
Entwurf des Bebauungsplans eingegangen. Die gegebenen Hinweise und Anregungen
wurden weitgehend in die zum Satzungsbeschluss vorliegende Planzeichnung
eingearbeitet. Zusätzliche Untersuchungen bzgl. des Artenschutzes wurden
durchgeführt; entsprechend sind die Begründung und der Umweltbericht
fortgeschrieben worden. Seitens der Verwaltung ist das Entwässerungskonzept
optimiert worden (zusätzlicher Entwässerungsgraben im nördlichen Planbereich).
Vor dem Hintergrund der Rechtssicherheit sind die örtlichen Bauvorschriften neu
formuliert und der grundsätzliche Ausschluss
von Fremdwerbung zurück genommen worden.
Durch die Änderungen bzw. Ergänzungen werden die Grundzüge der Planung nicht berührt. Mit Schreiben vom 13.01.2012 wurden die betroffenen Behörden im Rahmen einer beschränkten Beteiligung gem. § 4a Abs. 3 BauGB erneut um Stellungnahme zu den geänderten Teilen gebeten.
Das vorliegende Abwägungsmaterial ergibt sich aus den Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange, der Öffentlichkeit und Anregungen seitens der Verwaltung. Nach Prüfung und Würdigung des Abwägungsmaterials wird empfohlen, den Bebauungsplan Nr. 145 „Industriegebiet westlich der L 78“, mit örtlichen Bauvorschriften, in der jetzt vorliegenden Fassung als Satzung zu beschließen. Die zugehörige Begründung, der Umweltbericht und die zusammenfassende Erklärung gemäß § 10 Abs. 4 BauGB liegen vor.
Beschlussvorschlag:
- Die im Rahmen des Planverfahrens vorgebrachten und in der beigefügten Anlage aufgelisteten Anregungen und Hinweise werden zur Kenntnis genommen und jeweils entsprechend der Spalte „Abwägung / Beschlussvorschlag“ beschieden. Die in der Anlage aufgeführten Stellungnahmen, teilweise wörtlich übernommen, teilweise zusammengefasst wiedergegeben, sind Bestandteil des Satzungsbeschlusses.
- Der Bebauungsplan Nr. 145 „Industriegebiet westlich der L 78“, mit örtlichen Bauvorschriften, wird in der vorliegenden Fassung gemäß § 10 BauGB als Satzung beschlossen sowie die Begründung und der Umweltbericht.