Betreff
Vergaberichtlinie für städtische Baugrundstücke
Vorlage
WP 16-21/0447
Art
Mitteilungsvorlage

Sachverhalt / Begründung:

 

Die Vergabe städtischer Wohnbaugrundstücke ist über lange Jahre vorbildlich, sachgerecht und nach pflichtgemäßem Ermessen gehandhabt worden. Durch die Vergabe der Grundstücke wurde – im Gegensatz zu anderen Gemeinden – erreicht, Baugebiete ohne soziale Brennpunkte zu entwickeln. Wenn die Grundstücksvergabe nunmehr aufgrund verbindlicher schriftlicher Vergaberichtlinien erfolgen soll, müssen diese nicht nur rechtlich unangreifbar sein, sondern auch die städtebaulichen, sozial- und wohnungspolitischen Erwägungen beinhalten, die dem Vergabeverfahren zugrunde gelegt werden sollen.

 

Der mit Vorlage 319 eingereichte Antrag genügt diesen Anforderungen nicht, er stellt allein auf die Kinderzahl der Bewerber ab und betreibt somit allein Familienförderung. Andere Bewerbergruppen (z. B. Senioren) tauchen überhaupt nicht auf. Da die Zahl der Bewerber das verfügbare Grundstücksangebot regelmäßig übersteigt, wirkt die einseitige Bevorzugung kinderreicher Familien für andere Bewerbergruppen prohibitiv, das heißt, sie werden faktisch von der Vergabe städtischer Grundstücke ausgeschlossen. Das alleinige Abstellen auf die Kinderzahl im Zeitpunkt der Bewerbung ist auch schon deshalb nicht sachgerecht, weil der Bau eines Eigenheimes in ganz unterschiedlichen Familienphasen erfolgen kann.

 

Angesichts der regelmäßig überschaubaren Zahl zu vergebender Grundstücke ist es auch nicht sachgerecht, das Vergabeverfahren mit einer Vielzahl von Einzelkriterien zu überfrachten. Zu den in diesem Zusammenhang diskutierten Kriterien, deren Berücksichtigung die Verwaltung ausdrücklich nicht empfiehlt, gehört z. B., ob der Bewerber bereits über Grundeigentum verfügt, da damit regelmäßig keine Aussage über dessen Eignung für den Wohnbedarf des Bewerbers getroffen wird. Spekulative Grundstückskäufe können besser wie bisher über eine vertragsstrafenbewehrte Selbstbezugsklausel verhindert werden.

 

Bei dem dieser Vorlage angehängten Verwaltungsvorschlag handelt es sich keinesfalls um eine ausformulierte Richtlinie, sondern um eine Diskussionsgrundlage, die als Basis für eine anschließend zu formulierende Vergaberichtlinie dienen soll/kann. Die Verwaltung erbittet eine Meinungsäußerung aus den Fraktionen, ob auf dieser Basis weitergearbeitet werden kann. Vorschläge aus den Fraktionen werden selbstverständlich gerne entgegengenommen und nach Möglichkeit in das Diskussionspapier eingebaut. Festzustellen ist auch, dass es unmöglich sein wird, im Rahmen einer Richtlinie alle theoretisch denkbaren Vergabefälle abzudecken. Es wird immer Sonderfälle geben, die durch die Kriterien einer Vergaberichtlinie, wie auch immer sie ausformuliert sein mag, nicht erfasst werden.

 

Der vorliegende Verwaltungsvorschlag erfasst ebenso nicht die Vergabe von Mehrfamilienhausgrundstücken, wie er beispielsweise in großer Zahl im Sanierungsgebiet „Bahnhofsumfeld“ gedacht ist. Die Vergabe von Mehrfamilienhäusern stellt nach Ansicht der Verwaltung andere Anforderungen an das Vergabeverfahren, als die überwiegend in Bramsche praktizierte Vergabe von Einfamilienhausgrundstücken. Die Verwaltung wird für den Investorenwettbewerb an der Breslauer Straße einen Vorschlag für die Vergabekriterien dieser Mehrfamilienhausgrundstücke unterbreiten, der zunächst auf den Einzelfall „Breslauer Straße“ abstellt, aber sicherlich als Diskussionsgrundlage für spätere Vergabeverfahren im Sanierungsgebiet dienen kann.

 

Folgende weitere Hinweise sind aus Sicht der Verwaltung wichtig:

 

·       Die von der Verwaltung vorgeschlagene Einkommensgrenze für eine Unterscheidung zwischen den Losen I und II ist ein Vorschlag, der natürlich im Zuge der nachfolgenden Diskussion verändert werden kann. Wird die Einkommensgrenze zu niedrig angesetzt, gibt es evtl. nur sehr wenige Bewerber, weil die Errichtung eines Eigenheimes erhebliche Eigenmittel und ein entsprechendes Einkommen voraussetzt. Die Verwaltung hält einer Grenze von € 60.000,- für diskussionsfähig.

·       Die in der Anlage beigefügte Diskussionsgrundlage spricht nicht von „Familien“, sondern von Haushalten. Dies hat den Hintergrund, dass es auch andere Formen des Zusammenlebens als die klassische Familie gibt.

·       Der Austausch über eine „neue“ Vergaberichtlinie ist immer eine theoretische Diskussion. Es wird unmöglich sein, die Auswirkungen aller denkbaren Regelungen bis ins Detail vorherzusehen. Vor diesem Hintergrund empfiehlt die Verwaltung, ein Richtlinienmodell, auf das sich die Mehrheit des Rates einigen kann, in einem ersten Vergabeverfahren zu testen und dann erforderlichenfalls nachzujustieren.