Sachverhalt / Begründung:
Die Fa. Hollweg, Kümpers & Comp. KG hat bereits mit Schreiben vom 20.Juni 2013 die o. g. Erweiterung und Änderung der Abbautiefe ihres Steinbruchs von bisher 60 m üNN auf 52 m üNN nach den §§ 68 und 70 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) und § 109 Nieders. Wassergesetz (NWG) beim Landkreis Osnabrück beantragt. Die Antragsunterlagen lagen der Stadt Bramsche als betroffene Standortgemeinde im Rahmen der Trägerbeteiligung mit dem Erläuterungsbericht, der Umweltverträglichkeitsuntersuchung und den erforderlichen Fachgutachten zur Stellungnahme vor und wurden mit der Vorlage WP 11-16/405 am 15.08.2013 im Ausschuss für Stadtentwicklung, am 02.09.2013 im Ortsrat Ueffeln und abschließend am 19.09.2013 im Verwaltungsausschuss beraten.
Mit Stellungnahme an den Landkreis Osnabrück vom 21.08.2013 hat die Stadt Bramsche nach Beratung und Zustimmung der Beschlussempfehlungen im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt zur Fristwahrung und vorbehaltlich der Zustimmung des Verwaltungsausschusses dem Vorhaben zunächst vom Grundsatz her zugestimmt.
In seiner Sitzung am 02.09.2013 hat der Ortsrat Ueffeln der Erweiterung des Steinbruches zugestimmt, der Änderung der Abbautiefe von 60 m üNN auf 52 m üNN jedoch aufgrund befürchteter Auswirkungen auf den Wasserhaushalt abgelehnt. Der Verwaltungsausschuss hat sich abschließend in seiner Sitzung am 19.09.2013 dem Beschluss des Ortsrates Ueffeln angeschlossen, mit der Ergänzung, dass das hydrogeologische Gutachten von 2011 um eine Bewertung der Auswirkungen des Neuabbaubereiches auf den Wasserhaushalt zu vervollständigen ist. Die Entscheidung des Verwaltungsausschusses wurde dem Landkreis Osnabrück mit Stellungnahme vom 20.09.2013 mitgeteilt.
Die Vorlage WP 11-16/405 einschl. Ergänzung sowie die Stellungnahmen vom 21.08.2015 und 20.09.2015 sind dieser Vorlage als Anlage beigefügt.
Aufgrund der eingegangenen Stellungnahmen, insbesondere seitens des Naturschutzes entschied sich die Fa. Hollweg, Kümpers & Comp. KG den Antrag zurückzuziehen und im Sinne der Stellungnahmen nachzuarbeiten.
In einem weiteren Scoping-Termin am 17.09.2015 wurde ein neuer Untersuchungsrahmen in Abstimmung mit der Stadt Bramsche, den beteiligten Trägern öffentlicher Belange und den Naturschutzverbänden verbindlich festgesetzt. Danach sollten zum einen für das Schutzgut Fauna die Artgruppen Amphibien, Brutvögel, Fledermäuse, Fische und Rundmäuler, Makrozoobenthos (Eintags-, Stein- und Köcherfliegen), Reptilien, Tagschmetterlinge, Nachtschmetterlinge, Hautflügler, Springschrecken, Webspinnen und zum anderen die Schutzgüter Flora (Farn- und Blütenpflanzen), Boden, Wasser, Klima/Luft, Biotoptypen sowie FFH-Lebensraumtypen untersucht werden.
Darüber hinaus war aufgrund des unmittelbar angrenzenden FFH-Gebietes 319 „Gehn“ gem. § 34 BNatSchG eine Überprüfung der Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen des FFH-Gebietes (FFH-Verträglichkeitsstudie) erforderlich.
Im weiteren Verfahren wurden zusätzliche umfangreiche Gutachten erstellt, um die Auswirkungen der geplanten Erweiterung und Vertiefung insbesondere auch auf den Wasserhaushalt einschätzen und bewerten zu können.
- Die in der Stellungnahme
der Stadt geforderte wasserwirtschaftliche Beweissicherung findet
regelmäßig statt. Es werden monatliche Grundwasserstände abgelesen und dokumentiert.
Zusätzlich wurde zum
hydrogeologischen Gutachten 2011 von den Gutachtern Meyer & Bärle eine
ergänzende hydrogeologische Stellungnahme 2015 verfasst. Das Büro BMS –
Umweltplanung kommt auf Grund der ergänzenden hydrogeologischen
Stellungnahme von Meyer & Bärle in seiner Umweltverträglichkeitsstudie
(UVS) zu folgender Bewertung:
„Unter Berücksichtigung der Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen V12 Beschränkung der Grundwasserförderung im Steinbruch auf einen Förderzeitraum von Mai bis Oktober zur Regeneration des Grundwasserspiegels, die regelmäßigen Grundwassermessungen V13 sowie die Qualitätskontrollen des eingeleiteten Förderwassers aus dem Pumpensumpf (Temperatur und Sedimente) – zur Regeneration des Grundwasserspiegels, sind keine erheblichen Beeinträchtigungen auf Oberflächengewässer zu erwarten.
Für das Grundwasser sind unter Berücksichtigung der Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen V12 Beschränkung der Grundwasserförderung im Steinbruch auf einen Förderzeitraum von Mai bis Oktober zur Regeneration des Grundwasserspiegels, die regelmäßigen Grundwassermessungen V13 sowie die Qualitätskontrollen des eingeleiteten Förderwassers aus dem Pumpensumpf (Temperatur und Sedimente) und V16 Umgang mit Schmier- und Treibstoffen maximal unerhebliche Beeinträchtigungen zu erwarten.“
Ferner ist mit der Vermeidungsmaßnahme V13 zur Beweissicherung ein Grundwassermonitoring anhand bereits eingerichteter Grundwassermessstellen eingerichtet.
Die Beachtung der Verbotstatbestände gem. § 44 BNatSchG findet vollumfänglich statt. In den jeweiligen Gutachten empfohlene Maßnahmen zum Schutz der Tiere und Pflanzen finden ihren Eingang zusammengefasst in der UVS sowie im Landschaftspflegerischen Begleitplan. Die UVS kommt zu dem Ergebnis, dass nach Umsetzung der Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen keine erheblichen Auswirkungen auf die Schutzgüter verbleiben.
- Aufgrund der
Stellungnahmen seitens des Naturschutzes wurde das geplante Abbauvorhaben
im Rahmen einer FFH-Verträglichkeitsprüfung auf seine Verträglichkeit mit
den Erhaltungszielen des angrenzenden FFH-Gebietes „Gehn“ überprüft. Die
hierzu erforderlichen Untersuchungen umfassen nunmehr ein breites Spektrum
der ggf. durch die Vertiefung und Erweiterung betroffenen Fauna und Flora
in der weiteren Umgebung des Steinbruchs. Dabei wurde bei den
Untersuchungen ein besonderes Augenmerk auf die zu erwartenden
Auswirkungen auf das FFH-Gebiet „Gehn“ sowie auf die artenschutzrechtliche
Prüfung gelegt.
Die FFH-Verträglichkeitsprüfung kommt zu dem Ergebnis, dass durch die geplante Umsetzung der Steinbrucherweiterung erhebliche Beeinträchtigungen für das betrachtete FFH-Gebiet nicht auszuschließen sind. Für den prioritären FFH-Lebensraumtyp (LRT) 91E0* - Restbestände von Erlen-Eschen u. Weichholzauenwälder am Fließgewässern und den nicht prioritären FFH-Lebensraumtyp (LRT) 9160 – Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwälder (auf zeitweilig oder dauerhaft feuchten Böden mit hohem Grundwasserstand) - können betriebsbedingte erhebliche Beeinträchtigungen durch die geplante Grundwasserabsenkung nicht vollständig ausgeschlossen werden. Somit ist das Vorhaben gemäß § 34 Abs. 3 nur zulässig, soweit es
1. aus zwingenden öffentlichen Gründen des
überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder
wirtschaftlicher Art, notwendig ist und
2. zumutbare Alternativen nicht gegeben sind, mit denen der verfolgte Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen erreicht werden könnte.
Die im Rahmen des
Ausnahmeverfahrens durchgeführte Alternativenprüfung ergab, dass keine
Alternative im Sinne von Art. 6 Abs. 4 Unterabsatz 1 Satz 1 der FFH-Richtlinie
besteht. Die vollständige Ausbeutung des Steinbruchs HKC Ueffeln außerhalb des
FFH-Gebietes 319 ist als „vorrangiger öffentlicher Belang mit zwingendem
Charakter“ anzusehen. Die Erweiterung mit Abteufung auf 52 m üNN und die
Vertiefung von derzeit 60 m üNN auf 52 m üNN ist wirtschaftlich begründet und
erfolgt auf der Grundlage des Landesraumordnungsprogrammes. Danach befindet
sich der Steinbruch innerhalb eines Vorranggebietes für Rohrstoffgewinnung und
stellt im Ergebnis der Alternativenprüfung im Umkreis von 80 km – vor allem für
das westliche Emsland als einziger die ortsnahe Versorgung des regionalen
Marktes mit geeigneten Baustoffgemischen die Rohstoffversorgung des regionalen
Marktes sicher. Bei einem Import des Rohstoffes aus weiter Entfernung entstehen
Belastungen für Umwelt und Bevölkerung durch erhöhten Schwerlastverkehr und
hohen Transportkosten, die dem öffentlichen Interesse einer ortsnahen und
sicheren Versorgung widersprechen. Ebenso besteht auch keine Möglichkeit, dass
der Vorhabenträger zur Schonung der Schutzgüter der FFH-Richtlinie das geplante
Vorhaben an der vorgesehenen Stelle in reduzierter Form realisieren könnte. Die
geplante Erweiterung in der beantragen Form stellt insofern eine
Mindestanforderung des definierten Planungszieles – vollständige Ausschöpfung
der Lagerstätte im Sinne des Niedersächsischen Landesraumordnungsprogrammes –
dar. Gemäß Artikel 6 Abs. 4 sind geeignete Ausgleichsmaßnahmen erforderlich, um
sicher zu stellen, dass die globale Kohärenz von Natura 2000 geschützt ist. Im
Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung und der Alternativenprüfung wurden daher
fachgutachterlich geeignete Flächen und Maßnahmen zur Kohärenzsicherung auf ca.
12,2 ha innerhalb sowie ca. 5 ha außerhalb des FFH-Gebietes 319 ermittelt, die
die Kohärenz ggf. betroffener FFH-Lebensraumtypen innerhalb des Netzes Natura
2000 gewährleisten werden. Eine Beteiligung der EU-Kommission ist erforderlich.
Weitere FFH-Lebensraumtypen des FFH-Gebietes „Gehn“ sind weder direkt noch indirekt
durch die geplante Erweiterung betroffen.
- Zum Vorkommen und zur
möglichen Beeinträchtigung von Fischen und Rundmäulern (kiefernlose
Wirbeltiere wie Schleimaale und Neunaugen) wurde ergänzend zu den
limnologischen Untersuchungen ein fischökologisches Gutachten in Auftrag
gegeben. Ebenfalls wurde gemäß Forderung beim Scoping-Termin vom
17.09.2015 eine aktuelle Anfrage beim LAVES hinsichtlich der im
Fischkataster des Landes Niedersachsen vorliegenden Daten gestellt. Die
UVS kommt zu dem Ergebnis, dass sich unter den festgestellten Arten keine
FFH-Arten, Rote-Liste-Arten oder streng geschützte Arten befinden.
Zielarten der potenziell natürlichen Fischfauna fehlen in den untersuchten
Abschnitten. Die wenigen vorkommenden Fischarten sind an schlechte und
schwankende Wasserbedingungen angepasst und würden in ihrem Fortbestand
nicht gefährdet werden, wenn sich die Grundwasserabsenkung hauptsächlich
auf den Zeitraum Mai bis Oktober beschränkt.
- Mögliche Betroffenheit
durch Trockenschäden auf land- und forstwirtschaftlichen Flächen können
mit der ergänzenden Stellungnahme 2015 zum hydrogeologischen Gutachten von
Meyer & Bärle als Folge der geplanten Erweiterung und Vertiefung
ausgeschlossen werden.
- Durch die geplante
Erweiterung werden Teile des Hünenweges (ehemals Friesenweg) überplant.
Damit die Passierbarkeit dieses überregionalen Fernwanderweges gewährleistet
ist, soll lt. Antragsunterlagen (Landschaftspflegerischer Begleitplan) der
betroffene Wegeabschnitt nach Südosten auf möglichst vorhandene
(Forst-)Wege verlegt werden, um weitere Eingriffe in Natur und Landschaft
zu vermeiden. Eine Überprüfung der Wegeverhältnisse in der Örtlichkeit
durch die Verwaltung hat jedoch gezeigt, dass insbesondere der für die
Verlegung vorgesehene Forstweg in Abschnitt 34 vollständig zugewachsen und
in der Örtlichkeit nicht mehr wahrnehmbar ist. Damit weitere Eingriffe in
Natur und Landschaft vermieden werden, wird seitens der Verwaltung
vorgeschlagen, den durch die Erweiterung betroffenen Wegeabschnitt des
Hünenweges unter Einhaltung eines Sicherheitsabstandes in Abstimmung mit
der Landesforstbehörde unmittelbar an der südöstlichen Grenze der
geplanten Abbauerweiterung zu verlegen.
Seitens der Verwaltung wird empfohlen, das Einvernehmen gem. § 36 BauGB zu dem überarbeiteten Antrag auf Erweiterung und Vertiefung des Steinbruchs herzustellen. Die in den vorliegenden Gutachten getroffenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen sind in die Genehmigung mit aufzunehmen.
Beschlussvorschlag:
Gegen die geplante Erweiterung der Abgrabungsfläche und die Änderung der Abgrabungstiefe im v. g. Steinbruch bestehen seitens der Stadt Bramsche keine grundsätzlichen Bedenken.
Nachfolgende Auflagen sind in die Genehmigung aufzunehmen:
- die Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen V 12 - Beschränkung der Grundwasserförderung im Steinbruch auf einen Förderzeitraum von Mai bis Oktober zur Regeneration des Grundwasserspiegels,
- die regelmäßigen Grundwassermessungen V13 sowie die Qualitätskontrollen des eingeleiteten Förderwassers aus dem Pumpensumpf (Temperatur und Sedimente) zur Regeneration des Grundwasserspiegels und
-
die im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung
fachgutachterlich ermittelten, geeigneten Flächen und Maßnahmen zur Kohärenzsicherung
betroffener FFH-Lebensraumtypen innerhalb des FFH-Gebietes 319 „Gehn“.
-
Eine Beteiligung der EU-Kommission ist
festzuschreiben.
- Damit weitere Eingriffe in Natur und Landschaft vermieden werden, wird seitens der Stadt vorgeschlagen, den durch die Erweiterung betroffenen Wegeabschnitt des Hünenweges unter Einhaltung eines Sicherheitsabstandes in Abstimmung mit der Landesforstbehörde unmittelbar an der südöstlichen Grenze der geplanten Abbauerweiterung zu verlegen.
Seitens der Stadt Bramsche wird das Einvernehmen gem. § 36 BauGB hergestellt.