Betreff
Antrag der Fa. Hollweg, Kümpers + Comp. KG, Hafenstr. 43, 48432 Rheine auf Erweiterung der Abgrabungsfläche und Änderung der Abgrabungstiefe im HKC-Steinbruch Ueffeln
Vorlage
WP 11-16/1002
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt / Begründung:

 

Die Fa. Hollweg, Kümpers & Comp. KG hat bereits mit Schreiben vom 20.Juni 2013 die o. g. Erweiterung und Änderung der Abbautiefe ihres Steinbruchs von bisher 60 m üNN auf 52 m üNN nach den §§ 68 und 70 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) und § 109 Nieders. Wassergesetz (NWG) beim Landkreis Osnabrück beantragt. Die Antragsunterlagen lagen der Stadt Bramsche als betroffene Standortgemeinde im Rahmen der Trägerbeteiligung mit dem Erläuterungsbericht, der Umweltverträglichkeitsuntersuchung und den erforderlichen Fachgutachten zur Stellungnahme vor und wurden mit der Vorlage WP 11-16/405 am 15.08.2013 im Ausschuss für Stadtentwicklung, am 02.09.2013 im Ortsrat Ueffeln und abschließend am 19.09.2013 im Verwaltungsausschuss beraten.

 

Mit Stellungnahme an den Landkreis Osnabrück vom 21.08.2013 hat die Stadt Bramsche nach Beratung und Zustimmung der Beschlussempfehlungen im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt zur Fristwahrung und vorbehaltlich der Zustimmung des Verwaltungsausschusses dem Vorhaben zunächst vom Grundsatz her zugestimmt.

 

In seiner Sitzung am 02.09.2013 hat der Ortsrat Ueffeln der Erweiterung des Steinbruches zugestimmt, der Änderung der Abbautiefe von 60 m üNN auf 52 m üNN jedoch aufgrund befürchteter Auswirkungen auf den Wasserhaushalt abgelehnt. Der Verwaltungsausschuss hat sich abschließend in seiner Sitzung am 19.09.2013 dem Beschluss des Ortsrates Ueffeln angeschlossen, mit der Ergänzung, dass das hydrogeologische Gutachten von 2011 um eine Bewertung der Auswirkungen des Neuabbaubereiches auf den Wasserhaushalt zu vervollständigen ist. Die Entscheidung des Verwaltungsausschusses wurde dem Landkreis Osnabrück mit Stellungnahme vom 20.09.2013 mitgeteilt.

 

Die Vorlage WP 11-16/405 einschl.  Ergänzung sowie die Stellungnahmen vom 21.08.2015 und 20.09.2015 sind dieser Vorlage als Anlage beigefügt.

 

Aufgrund der eingegangenen Stellungnahmen, insbesondere seitens des Naturschutzes entschied sich die Fa. Hollweg, Kümpers & Comp. KG den Antrag zurückzuziehen und im Sinne der Stellungnahmen nachzuarbeiten.

 

In einem weiteren Scoping-Termin am 17.09.2015 wurde ein neuer Untersuchungsrahmen in Abstimmung mit der Stadt Bramsche, den beteiligten Trägern öffentlicher Belange und den Naturschutzverbänden verbindlich festgesetzt. Danach sollten zum einen für das Schutzgut Fauna die Artgruppen Amphibien, Brutvögel, Fledermäuse, Fische und Rundmäuler, Makrozoobenthos (Eintags-, Stein- und Köcherfliegen), Reptilien, Tagschmetterlinge, Nachtschmetterlinge, Hautflügler, Springschrecken, Webspinnen und zum anderen die Schutzgüter Flora (Farn- und Blütenpflanzen), Boden, Wasser, Klima/Luft, Biotoptypen sowie FFH-Lebensraumtypen untersucht werden.

 

Darüber hinaus war aufgrund des unmittelbar angrenzenden FFH-Gebietes 319 „Gehn“ gem. § 34 BNatSchG eine Überprüfung der Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen des FFH-Gebietes (FFH-Verträglichkeitsstudie) erforderlich.

Im weiteren Verfahren wurden zusätzliche umfangreiche Gutachten erstellt, um die Auswirkungen der geplanten Erweiterung und Vertiefung insbesondere auch auf den Wasserhaushalt einschätzen und bewerten zu können.

 

  1. Die in der Stellungnahme der Stadt geforderte wasserwirtschaftliche Beweissicherung findet regelmäßig statt. Es werden monatliche Grundwasserstände abgelesen und dokumentiert. Zusätzlich wurde  zum hydrogeologischen Gutachten 2011 von den Gutachtern Meyer & Bärle eine ergänzende hydrogeologische Stellungnahme 2015 verfasst. Das Büro BMS – Umweltplanung kommt auf Grund der ergänzenden hydrogeologischen Stellungnahme von Meyer & Bärle in seiner Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) zu folgender Bewertung:
    „Unter Berücksichtigung der Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen V12  Beschränkung der Grundwasserförderung im Steinbruch auf einen Förderzeitraum von Mai bis Oktober zur Regeneration des Grundwasserspiegels, die regelmäßigen Grundwassermessungen V13 sowie die Qualitätskontrollen des eingeleiteten Förderwassers aus dem Pumpensumpf (Temperatur und Sedimente) – zur Regeneration des Grundwasserspiegels, sind keine erheblichen Beeinträchtigungen auf Oberflächengewässer zu erwarten.

    Für das Grundwasser sind unter Berücksichtigung der Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen V12 Beschränkung der Grundwasserförderung im Steinbruch auf einen Förderzeitraum von Mai bis Oktober zur Regeneration des Grundwasserspiegels, die regelmäßigen Grundwassermessungen V13 sowie die Qualitätskontrollen des eingeleiteten Förderwassers aus dem Pumpensumpf (Temperatur und Sedimente) und V16 Umgang mit Schmier- und Treibstoffen maximal unerhebliche Beeinträchtigungen zu erwarten.“

    Ferner ist mit der Vermeidungsmaßnahme V13 zur Beweissicherung ein Grundwassermonitoring anhand bereits eingerichteter Grundwassermessstellen eingerichtet.

    Die Beachtung der Verbotstatbestände gem. § 44 BNatSchG findet vollumfänglich statt. In den jeweiligen Gutachten empfohlene Maßnahmen zum Schutz der Tiere und Pflanzen finden ihren Eingang zusammengefasst in der UVS sowie im Landschaftspflegerischen Begleitplan. Die UVS kommt zu dem Ergebnis, dass nach Umsetzung der Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen keine erheblichen Auswirkungen auf die Schutzgüter verbleiben.

  2. Aufgrund der Stellungnahmen seitens des Naturschutzes wurde das geplante Abbauvorhaben im Rahmen einer FFH-Verträglichkeitsprüfung auf seine Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen des angrenzenden FFH-Gebietes „Gehn“ überprüft. Die hierzu erforderlichen Untersuchungen umfassen nunmehr ein breites Spektrum der ggf. durch die Vertiefung und Erweiterung betroffenen Fauna und Flora in der weiteren Umgebung des Steinbruchs. Dabei wurde bei den Untersuchungen ein besonderes Augenmerk auf die zu erwartenden Auswirkungen auf das FFH-Gebiet „Gehn“ sowie auf die artenschutzrechtliche Prüfung gelegt.
    Die FFH-Verträglichkeitsprüfung kommt zu dem Ergebnis, dass durch die geplante Umsetzung der Steinbrucherweiterung erhebliche Beeinträchtigungen für das betrachtete FFH-Gebiet nicht auszuschließen sind. Für den prioritären FFH-Lebensraumtyp (LRT) 91E0* - Restbestände von Erlen-Eschen u. Weichholzauenwälder am Fließgewässern und den nicht prioritären FFH-Lebensraumtyp (LRT) 9160 – Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwälder (auf zeitweilig oder dauerhaft feuchten Böden mit hohem Grundwasserstand) - können betriebsbedingte erhebliche Beeinträchtigungen durch die geplante Grundwasserabsenkung nicht vollständig ausgeschlossen werden.  Somit ist das Vorhaben gemäß § 34 Abs. 3 nur zulässig, soweit es

1.  aus zwingenden öffentlichen Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist und

2.  zumutbare Alternativen nicht gegeben sind, mit denen der verfolgte Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen erreicht werden könnte.

 

Die im Rahmen des Ausnahmeverfahrens durchgeführte Alternativenprüfung ergab, dass keine Alternative im Sinne von Art. 6 Abs. 4 Unterabsatz 1 Satz 1 der FFH-Richtlinie besteht. Die vollständige Ausbeutung des Steinbruchs HKC Ueffeln außerhalb des FFH-Gebietes 319 ist als „vorrangiger öffentlicher Belang mit zwingendem Charakter“ anzusehen. Die Erweiterung mit Abteufung auf 52 m üNN und die Vertiefung von derzeit 60 m üNN auf 52 m üNN ist wirtschaftlich begründet und erfolgt auf der Grundlage des Landesraumordnungsprogrammes. Danach befindet sich der Steinbruch innerhalb eines Vorranggebietes für Rohrstoffgewinnung und stellt im Ergebnis der Alternativenprüfung im Umkreis von 80 km – vor allem für das westliche Emsland als einziger die ortsnahe Versorgung des regionalen Marktes mit geeigneten Baustoffgemischen die Rohstoffversorgung des regionalen Marktes sicher. Bei einem Import des Rohstoffes aus weiter Entfernung entstehen Belastungen für Umwelt und Bevölkerung durch erhöhten Schwerlastverkehr und hohen Transportkosten, die dem öffentlichen Interesse einer ortsnahen und sicheren Versorgung widersprechen. Ebenso besteht auch keine Möglichkeit, dass der Vorhabenträger zur Schonung der Schutzgüter der FFH-Richtlinie das geplante Vorhaben an der vorgesehenen Stelle in reduzierter Form realisieren könnte. Die geplante Erweiterung in der beantragen Form stellt insofern eine Mindestanforderung des definierten Planungszieles – vollständige Ausschöpfung der Lagerstätte im Sinne des Niedersächsischen Landesraumordnungsprogrammes – dar. Gemäß Artikel 6 Abs. 4 sind geeignete Ausgleichsmaßnahmen erforderlich, um sicher zu stellen, dass die globale Kohärenz von Natura 2000 geschützt ist. Im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung und der Alternativenprüfung wurden daher fachgutachterlich geeignete Flächen und Maßnahmen zur Kohärenzsicherung auf ca. 12,2 ha innerhalb sowie ca. 5 ha außerhalb des FFH-Gebietes 319 ermittelt, die die Kohärenz ggf. betroffener FFH-Lebensraumtypen innerhalb des Netzes Natura 2000 gewährleisten werden. Eine Beteiligung der EU-Kommission ist erforderlich.

Weitere FFH-Lebensraumtypen des FFH-Gebietes „Gehn“ sind weder direkt noch indirekt durch die geplante Erweiterung betroffen.

  1. Zum Vorkommen und zur möglichen Beeinträchtigung von Fischen und Rundmäulern (kiefernlose Wirbeltiere wie Schleimaale und Neunaugen) wurde ergänzend zu den limnologischen Untersuchungen ein fischökologisches Gutachten in Auftrag gegeben. Ebenfalls wurde gemäß Forderung beim Scoping-Termin vom 17.09.2015 eine aktuelle Anfrage beim LAVES hinsichtlich der im Fischkataster des Landes Niedersachsen vorliegenden Daten gestellt. Die UVS kommt zu dem Ergebnis, dass sich unter den festgestellten Arten keine FFH-Arten, Rote-Liste-Arten oder streng geschützte Arten befinden. Zielarten der potenziell natürlichen Fischfauna fehlen in den untersuchten Abschnitten. Die wenigen vorkommenden Fischarten sind an schlechte und schwankende Wasserbedingungen angepasst und würden in ihrem Fortbestand nicht gefährdet werden, wenn sich die Grundwasserabsenkung hauptsächlich auf den Zeitraum Mai bis Oktober beschränkt.

  2. Mögliche Betroffenheit durch Trockenschäden auf land- und forstwirtschaftlichen Flächen können mit der ergänzenden Stellungnahme 2015 zum hydrogeologischen Gutachten von Meyer & Bärle als Folge der geplanten Erweiterung und Vertiefung ausgeschlossen werden.

  3. Durch die geplante Erweiterung werden Teile des Hünenweges (ehemals Friesenweg) überplant. Damit die Passierbarkeit dieses überregionalen Fernwanderweges gewährleistet ist, soll lt. Antragsunterlagen (Landschaftspflegerischer Begleitplan) der betroffene Wegeabschnitt nach Südosten auf möglichst vorhandene (Forst-)Wege verlegt werden, um weitere Eingriffe in Natur und Landschaft zu vermeiden. Eine Überprüfung der Wegeverhältnisse in der Örtlichkeit durch die Verwaltung hat jedoch gezeigt, dass insbesondere der für die Verlegung vorgesehene Forstweg in Abschnitt 34 vollständig zugewachsen und in der Örtlichkeit nicht mehr wahrnehmbar ist. Damit weitere Eingriffe in Natur und Landschaft vermieden werden, wird seitens der Verwaltung vorgeschlagen, den durch die Erweiterung betroffenen Wegeabschnitt des Hünenweges unter Einhaltung eines Sicherheitsabstandes in Abstimmung mit der Landesforstbehörde unmittelbar an der südöstlichen Grenze der geplanten Abbauerweiterung zu verlegen.

Seitens der Verwaltung wird empfohlen, das Einvernehmen gem. § 36 BauGB zu dem überarbeiteten Antrag auf Erweiterung und Vertiefung des Steinbruchs herzustellen. Die in den vorliegenden Gutachten getroffenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen sind in die Genehmigung mit aufzunehmen.

 


Beschlussvorschlag:

 

Gegen die geplante Erweiterung der Abgrabungsfläche und die Änderung der Abgrabungstiefe im v. g. Steinbruch bestehen seitens der Stadt Bramsche keine grundsätzlichen Bedenken.

 

Nachfolgende Auflagen sind in die Genehmigung aufzunehmen:

 

-        die Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen V 12 - Beschränkung der Grundwasserförderung im Steinbruch auf einen Förderzeitraum von Mai bis Oktober zur Regeneration des Grundwasserspiegels,

 

-        die regelmäßigen Grundwassermessungen V13 sowie die Qualitätskontrollen des eingeleiteten Förderwassers aus dem Pumpensumpf (Temperatur und Sedimente) zur Regeneration des Grundwasserspiegels und

 

-        die im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung fachgutachterlich ermittelten, geeigneten Flächen und Maßnahmen zur Kohärenzsicherung betroffener FFH-Lebensraumtypen innerhalb des FFH-Gebietes 319 „Gehn“.

-        Eine Beteiligung der EU-Kommission ist festzuschreiben.

-        Damit weitere Eingriffe in Natur und Landschaft vermieden werden, wird seitens der Stadt vorgeschlagen, den durch die Erweiterung betroffenen Wegeabschnitt des Hünenweges unter Einhaltung eines Sicherheitsabstandes in Abstimmung mit der Landesforstbehörde unmittelbar an der südöstlichen Grenze der geplanten Abbauerweiterung zu verlegen.

 

Seitens der Stadt Bramsche wird das Einvernehmen gem. § 36 BauGB hergestellt.