Beschluss: mehrheitlich angenommen

Beschlussvorschlag:

 

Die in der Anlage beigefügten Vergaberichtlinien werden beschlossen. Vor Ablauf von drei Jahren nach Verabschiedung erfolgt eine Evaluierung, um aufgrund bis dahin gemachter Erfahrungen notwendige inhaltliche Änderungen vornehmen zu können.

 


RM Bergander berichtet, dass sehr ausführlich im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt über die Beschlussvorlage 16-21/0556 diskutiert wurde. Seine Fraktion ist ganz klar der Meinung, dass diese Richtlinien zunächst für 3 Jahre gelten sollen, damit man sehen kann, ob sie in der Praxis umsetzbar sind oder ob die Richtlinien angeglichen werden müssen. RM Bergander hält den Zeitraum für angemessen, da es in Bramsche nicht so viele Vergaben gibt, dass man bereits nach einem Jahr sagen könnte, dass die neue Praxis funktioniert.

RM Sieksmeyer stellt fest, dass die neuen Vergaberichtlinien nur Einfamilienhäuser betreffen. Als wesentliche Änderung sind nunmehr alle Haushalte bei der Vergabe gleichberechtigt berücksichtigt. Diese Neuerung wird seitens seiner Fraktion unterstützt. Allerdings ist er der Meinung, dass die Vorlage in zwei Punkten zu kritisieren ist. RM Sieksmeyer hält die Vergabe nicht für transparent. Sie enthält seiner Meinung nach 1. keine objektiven Kriterien, auf die sich die Bewerber berufen könnten. Sowohl die prozentuale Aufteilung auf die Einkommensgruppen, als auch die prozentuale Aufteilung auf Haushalte mit und ohne Kinder innerhalb dieser Gruppen ist allein von der jeweiligen Mehrheitsfindung im Verwaltungsausschuss abhängig. Mangels nachprüfbarer Kriterien müsste jede dieser Entscheidungen im Nachgang der Öffentlichkeit erklärt werden. Außerdem hält er 2. die Vergaberichtlinien für isoliert. Sie stehen aus seiner Sicht nicht im Kontext mit festgestellten Wohnraumbedarfen, mit energetischen Kriterien oder mit dem Grundsatz des sparsamen Umgangs mit Flächen. Besser wäre es aus Sicht seiner Fraktion die Einbettung in ein Konzeptvergabeverfahren, bei dem unter Berücksichtigung der Bedarfe die städtebauliche Qualität des Wohnquartiers besonders orientiert an ökologischen Gesichtspunkten an erster Stelle steht. Die Fraktion 90 / Die Grünen werden sich bei dieser Vorlage enthalten.

RM Quebbemann ist der Meinung, das durch die vorliegenden Vergaberichtlinien eine ganze Reihe von breiten, überparteilichen, über die Fraktionsgrenzen hinaus bestehenden Konsensen aufgekündigt werden. Der 1. Konsens war, dass Bewerber, welche nicht über ein Grundstück verfügen, bevorzugt werden. Dies wäre jetzt nicht mehr der Fall. In den vorgelegten Richtlinien wird nur noch berücksichtigt, ob jemand bereits ein Grundstück von der Stadt erhalten habe und nicht mehr, ob er schon 4 Grundstücke besitzt.

Außerdem habe der Konsens bestanden, dass transparente, nachvollziehbare  Kriterien bei der Vergabe gelten sollen. Die Aufteilung zwischen den Losen und die Aufteilung innerhalb der Lose soll zukünftig in nichtöffentlicher Sitzung im Verwaltungsausschuss festgelegt werden, ohne dass die Öffentlichkeit etwas darüber erfährt. Die Frage mit welchem Anteil Familien mit Kindern berücksichtigt werden oder ob es von Nachteil ist, Kinder zu haben, wird nicht transparent gemacht. RM Quebbemann erklärt, dass diese Vorgehensweise nicht die Politik seiner Fraktion sei.

Ein weiterer Konsens war, dass verheiratete Paare und eheähnliche Gemeinschaften gegenüber  Senioren und Singles besser gestellt werden sollten. RM Quebbemann führt die Gründe dafür aus: jungen Familien eine Chance geben; die Baugebiete sollen sich so entwickeln, dass dort Familien mit Kindern wohnen; es geht um die Infrastruktur vor Ort. Es sei nicht richtig, dass bisher nur Familien mit Kindern berücksichtigt wurden, denn weit über 40 % der Grundstücke z.B. am Kapshügel und in Hesepe seien an Bewerber ohne Kinder gegangen. Es lagen nicht genug Bewerbungen von Familien mit Kindern vor,  weil die meisten Menschen erst ein Haus bauen, bevor sie Kinder bekommen.

Als weiteren Konsens nennt er, dass die Ortsräte gestärkt werden sollten. Die Fachkompetenz derer, die sich in den Ortsräten engagieren sollte genutzt werden. Er kann nicht verstehen, dass man jetzt einem Verfahren zustimmen will, bei dem man so gegen die Ortsräte entscheidet, dass sie die Bewerber noch nicht mal sehen. Er ist der Meinung, dass nur sie das nötige Hintergrundwissen haben, ob jemand versucht, an ein Grundstück zu kommen, obwohl die Voraussetzungen eigentlich nicht erfüllt sind.

RM Quebbemann erklärt weiterhin, dass bisher Einigkeit darüber bestand, dass es keine Rolle spielen darf, welches Einkommen ein Bewerber bei der Frage hat, ob er ein vergünstigtes Grundstück erhält oder nicht. Bislang habe jeder die gleiche Chance gehabt, egal, wie hoch sein Einkommen war. Auch dieser Grundsatz soll nach Meinung von RM Quebbemann kaputt gemacht werden. Einige Grundstücke in bevorzugter Lage sollen zukünftig höchstbietend verkauft werden, so dass nur diejenigen sie bekommen können, die das meiste Geld haben. Im Ergebnis führe das Losverfahren dazu, dass für Menschen, die unter 55.000,00 € Einkommen haben, eine schlechtere Chance besteht, ein Grundstück zu bekommen. RM Quebbemann macht diese Aussage anhand eines Beispiels deutlich.

RM Quebbemann spricht den Konsens an, dass keine „Fake-News“ verbreitet werden sollen, sondern seriös agiert wird. Es wurde jetzt  jedoch von RM Marewitz behauptet, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) verboten hätte, dass der Ortsrat beteiligt wird. RM Quebbemann weist darauf hin, dass der EuGH lediglich hinsichtlich der „Einheimischenregelung“ etwas gesagt habe, jedoch nichts darüber, ob Ortsräte beteiligt werden dürfen oder nicht.

Zusammenfassend stellt RM Quebbemann fest, dass es gerechter und transparenter wäre, wenn alle Bewerbungen in einen Topf kämen und man daraus die  Lose ziehen würde. Das vorgeschlagene Verfahren sei jedoch so weder gerecht noch transparent.

RM Marewitz berichtet, dass das EuGH festgelegt hat, dass das Einheimischenmodell nur noch unter ganz engen Voraussetzungen angewandt werden darf. Nämlich nur dann, wenn einkommensschwächeren Personen aufgrund eines hohen Immobilienmarktes sonst kein Eigentumserwerb möglich wäre. Dies träfe aber hauptsächlich auf Süddeutschland und touristisch geprägte Gebiete zu, aber nicht auf Bramsche. Unter dem Gesichtspunkt einer lediglich politisch gewünschten Bevorzugung von einheimischen Bewerbern ist die Anwendung des Einheimischenmodells nicht zulässig. RM Marewitz stellt klar, dass sie Ortsräte nicht erwähnt hat.

RM Neils spricht den Redebeitrag von RM Sieksmeyer an und stellt fest, dass die Grundstücksvergaben immer im Verwaltungsausschuss vorgenommen worden sind. Die durch die Ortsräte vorgeschlagenen Listen wurden grundsätzlich im Verwaltungsausschuss geändert, so dass es in der bisherigen Vorgehensweise auch nicht transparent war. Außerdem erklärt er hinsichtlich der durch RM Sieksmeyer vorgetragenen fehlenden ökologischen Bestandteile in der Richtlinie, dass von Seiten der Fraktion B 90 / Die Grünen keine vorherigen Informationen an seine Fraktion herangetragen worden sind. Im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt sei von Seiten seiner Fraktion deutlich gemacht worden, dass beabsichtigt wird, zukünftig dieses Thema  anhand von Ausweisung kleinerer Grundstücke in Bebauungsplänen zu verwirklichen.

Hinsichtlich der Ausführungen von RM Quebbemann erklärt RM Neils, dass die Frage nach der Gerechtigkeit jeder Einzelne für sich selbst entscheiden und beurteilen muss. Es könne jedoch gegenüber Senioren, Single oder Familien ohne Kinder nicht gerecht sein, wenn ausschließlich Familien mit Kindern berücksichtigt werden. RM Neils stellt fest, dass die Diskussion bzgl. der Änderung des bisherigen Vergabeverfahrens durch die CDU-Fraktion begonnen worden ist. Die nunmehr ausgearbeiteten Richtlinien entsprechen jedoch nicht den Vorstellungen der CDU-Fraktion, so dass diese doch wieder das ursprünglich monierte Vergabeverfahren beibehalten möchte.

RM Neils ist ebenfalls dafür, die Ortsräte zu stärken, allerdings ist er Meinung, dass derzeit noch keine bessere Lösung gefunden worden ist, die Ortsräte intensiver zu beteiligen. Aus diesem Grund ist seine Fraktion dafür die Erprobungsphase von drei Jahren zu nutzen, um ein Modell zu finden, die Ortsräte besser einzubinden.

In Bezug auf die Einkommensgrenze erklärt RM Neils, dass in der Richtlinie noch nicht beschrieben wurde, wie mit der Grenze umgegangen werden soll. Die Vergaben der Grundstücke an Haushalte mit geringerem Einkommen sollen durch geringere Grundstückspreise unterstützt werden. Er teilt mit, dass geplant ist diese Preise im Fachausschuss festzulegen und zu beschließen und aus Gründen des ökologischen Verbrauchs der Flächen kleinere Grundstücke anzubieten.

RM Kiesekamp geht auf die einzelnen Punkte des Redebeitrages von RM Quebbemann ein. Er hält es für unpassend, eine Manipulation bei dem bisherigen Vergabeverfahren zu unterstellen, wenn man selber bei den Beschlüssen mitgestimmt hat. Die jetzt vorgeschlagenen Vergaberichtlinien sind bewusst neu aufgestellt worden und es soll für einen bestimmten Zeitraum zunächst ausprobiert werden, ob sich diese in der Praxis bewähren. Der dann neue Rat kann sich dann erneut mit der Frage beschäftigen, ob die Richtlinien so beibehalten werden sollen.

RM Riepe erklärt, dass seine Fraktion Die Linke es als bessere soziale Komponente empfunden hätten, wenn innerhalb der Richtlinien ein fester Prozentsatz aufgenommen worden wäre, wieviel günstiger die Grundstücke an Haushalte mit geringem Einkommen abgegeben werden sollen. Dieses sei der Vorlage nicht zu entnehmen. Obwohl die Einteilung der Haushalte in Lose von Seiten seiner Fraktion als gut empfunden wird, wird sie der Vorlage nicht zustimmen.

RM Quebbemann stellt klar, dass er nicht behauptet habe, dass manipulativ bei der Vergabe gearbeitet worden wäre. Es habe aber Abweichungen gegeben, die nicht näher erklärt wurden. Weiterhin ist er der Meinung, dass man nicht einfach nach der Einkommenshöhe gehen kann. Man müsse auch beachten, ob ein Single 55.000,00 € zur Verfügung hat oder eine Familie mit Kindern. Er hält es weiterhin für notwendig, dass den Ortsräten eine Empfehlungsmöglichkeit gegeben werden muss. Er kann nicht nachvollziehen, warum das ganze System vollkommen verändert werden muss, da bei dem bisherigen Verfahren nicht alles schlecht war.

BGM Pahlmann                erinnert daran, dass die Debatte um die bisherige Regelung bezüglich der Vergabe der Grundstücke von der CDU-Fraktion ausgelöst worden ist. Er kann nicht verstehen, warum jetzt über jeden ehemals geschlossenen Konsens diskutiert wird und nicht konkret gesagt wird, was der Auslöser war. Es ging nicht pauschal um die Vergabe der Grundstücke an Familien mit Kindern oder ohne Kinder, sondern um Einheimische, die man vor Ort kennt.

RM Quebbemann erklärt, dass die Bevorzugung Einheimischer nicht kategorisch durch das EuGH ausgeschlossen worden ist. Es sind durchaus soziale Komponenten, wie z.B. der Fußballtrainer, der die Jugendmannschaft trainiert oder der Ortsbrandmeister, der die Feuerwehr am Laufen hält zu berücksichtigen. In der Vergangenheit seien auch durchaus solche einstimmigen Beschlüsse gefasst worden.

BGM Pahlmann macht deutlich, dass die von RM Quebbemann angesprochenen Sonderfälle, auch in den neuen Vergaberichtlinien aufgeführt worden sind.

RM Marius Thye berichtet, dass er bereits von einigen Bürgern angesprochen worden sei, dass bei der Vergabe von Grundstücken „gekungelt“ wird. Er stellt klar, dass er nicht der Meinung ist, dass das so gewesen ist, aber die Vergabe der Grundstücke müsse transparenter werden um solchen Vorwürfen entgegen treten zu können. Das war das Anliegen, das die CDU-Fraktion mit ihrer Initiative verfolgt habe, die seine Fraktion in der Sache unterstützt hat. Er stimme nicht mit allen vorgeschlagenen Kriterien der CDU-Fraktion überein, aber der Ansatz Transparenz zu schaffen ist etwas, was das Ziel Aller sein sollte. Mit der nun vorgeschlagenen Richtlinie ist diese Transparenz nicht gegeben. Die Chance, dazu beizutragen, dass Entscheidungen der Politik und Verwaltung nachvollziehbarer und transparenter für die Bürger sind, ist seiner Meinung nach durch den Vorschlag dieser Richtlinie vertan.

Nach weiterer Diskussion erklärt ESTR Willems auf Nachfrage, dass die Diskussion bezüglich der Quotierung nicht in nichtöffentlicher Sitzung erfolgen muss. Man könne auch das Ergebnis des Beschlusses des Verwaltungsausschusses transparent machen, in dem man mitteilt, dass man es z.B. in einem Baugebiet als politisch sinnvoll angesehen habe, besonders viele Grundstücke für Haushalte mit geringem Einkommen vorzusehen.

RV Brinkhus lässt über den o.g. Beschlussvorschlag abstimmen.

 

Abstimmungsergebnis:                   21 Stimmen dafür

                                                                  10 Stimmen dagegen

                                                                    6 Enthaltungen